„Gemeinsam sind wir stark..."

Fast 35 Jahre Vereinsbeschichte, 24 angeschlossene Stammtische verteilt über ganz Deutschland, Veröffentlichung in der Fachpresse und beim WDR, Treffen, Trainings und Touren, das ist in der Tat eine beeindruckende Bilanz. Dass ein solcher Verein KOOP-Partner beim BVDM wird, ist auch eine Auszeichnung für den Bundesverband der Motorradfahrer und die dort geleistete Arbeit.

Monika Bischoff, 54 Jahre alt, ist Pressesprecherin bei WoW und Kontaktfrau zur Bundesarbeitsgemeinschaft Motorrad (BAGMO). Mit ihr treffe ich mich in Dortmund zu einem Interview.

Monika Bischoff im Interview, Bild Günter Heumann-Storp

Viel zu früh komme ich am Café Lotte an der Kaiserstraße an und habe ausreichend Zeit, mich einmal umzusehen. Café Lotte ist ein kleines, gemütliches Szenelokal im Dortmunder Kaiserviertel. Es hat das Flair einer Studentenkneipe, und ist voll besetzt mit jungen Leuten, die augenscheinlich diesem Genre entsprechen. In einem Nebenraum finde ich ein etwas ruhigeres Plätzchen, an dem man sich auch unterhalten kann - und nebenbei sogar etwas versteht. Wie Monika aussieht, weiß ich nicht. Irgendwie hat das Treffen etwas von der Spannung eines Agententhrillers.

Plötzlich werde ich angesprochen: „Bist Du der Günter?" Vor mir steht eine freundliche, selbstbewusste, sportliche Frau mit kurzen blonden Haaren. Etwas schelmisch wirkt sie – und auf Anhieb sympathisch. Monika weiß, was sie will. Sie sagt von sich: „Ich packe gerne mit an. Und wenn etwas nicht passend läuft, dann muss es geändert und passend gemacht werden. Dafür bringe ich mich ein. Meine Mädels und ich haben viel Spaß bei unseren Aktionen". Mit dieser Einstellung ist sie auch an ihre Aufgaben bei Women on Wheels gekommen. Eine gute Entscheidung.

Nein, es gibt keine Konflikte mit Motorrad fahrenden Männern ...

Damit ist mit wenigen Worten viel gesagt. Women on Wheels, das ist eine 1985 gegründete Vereinigung Motorrad fahrender Frauen. Und auch nur die können Mitglied werden. Wer nun vor seinem geistigen Auge Kampfemanzen vorbeidonnern sieht, liegt völlig falsch. Monika kontert meine etwas provokative Frage erwartet souverän: „Nein, es gibt keine Konflikte mit Motorrad fahrenden Männern. Im Gegenteil. Unsere Männer dürfen sogar ab und zu einmal mitfahren. Aber nur ab und zu, damit sie sehen, was wir so machen. Bei WoW haben wir im Prinzip eine Plattform für Motorrad fahrende Frauen geschaffen und möchten sie auch erhalten".

WoW bietet alles, was man sich wünscht ...

WoW bietet alles, was man sich von einem Motorradverein wünschen kann. Die monatlichen Treffen sind gesellig, bei den gemeinsamen Ausfahrten gibt es ein lohnendes Ziel und so ganz nebenbei werden sogar Trainings und Schrauber Kurse geboten.

Monika Bischoff: „Es gab eine Zeit, da wäre ich selbst gerne zertifizierter Instruktor für unsere Trainings geworden. Mir ging es einfach darum, alles dazu zu wissen und mich zu verbessern. Ich habe dazu auch beim BVDM angefragt. Was mich dann abgeschreckt hat, war der hohe Preis der Zertifizierung“.

Ich kann das gut nachvollziehen. Die Zertifizierung ist teuer. Sie verschlingt mit entsprechendem Qualitätssiegel 2500 Euro. Das Geld wird allerdings nicht vom BVDM, sondern vom DVR (Deutscher Verkehrssicherheitsrat) für die Qualifikation erhoben. Verdeutlicht man sich, dass es hier um eine standardisierte Qualifikation mit hohem Anspruch und hoher Verantwortung geht, erklärt sich der Preis, der allerdings meist von profitierenden Firmen und Verbänden übernommen wird.

Aber so ist Monika. Sie will die Dinge besser machen. Fast schon schüchtern erklärt sie mir, dass sie ihre Frauen um Pylonen fahren lässt. Langsam fahren zu können, sehr langsam, das ist das Ziel. Verschmitzt erklärt sie mir die Schneckenrallye: „Wer ganz langsam und als letzter ankommt, gewinnt".  Aber das macht es doch aus. Schnell fahren kann (fast) jeder. Der Meister zeigt sich im langsamen Bewältigen schwieriger Passagen.

Einen großen Unterschied zwischen den Ausfahrten von Motorradfahrern und denen, die von WoW unternommen werden, sieht Monika nicht. „Wir wollen genauso wie die Männer in erster Linie Motorrad fahren. Vielleicht akzeptieren wir uns mehr mit unseren Stärken und Schwächen und haben einfach mehr Spaß. Was wir brauchen, ist ein Ziel, das wir ansteuern können. Einfach so herumfahren, das ist nicht unser Ding. Aber es müssen auch nicht an jeder Ecke neue Sehenswürdigkeiten angesteuert werden…“

Vor zwölf Jahren das erste Motorrad gekauft ...

Seit zehn Jahren ist Monika nun bei WoW. Über Kontakte ist sie an den Verein gekommen und mit ihm glücklich geworden. Motorradfahren, das ist seit ihrer Jugendzeit ein Traum, den sie sich allerdings erst später erfüllen konnte.
„Ich hatte mit 15 oder 16 schon ein Mofa und war damit stolz und glücklich. Mit 18 habe ich den Motorradführerschein gemacht. Animiert wurde ich von meinem Bruder, der mit einer Yamaha XT 500 professionell Rennen gefahren ist. Ich habe ihn bewundert. Meine Lebensplanung hat verhindert, dass ich mir nach dem Motorradführerschein auch ein Motorrad kaufen konnte. Das habe ich endlich vor zwölf Jahren nachgeholt. 2008 konnte ich mir eine Yamaha Drag Star XVS 650 in die Garage stellen. Zwei Jahre habe ich sie gefahren. Dann musste eine Reiseenduro her, mit der ich auch durch die Alpen fahren und richtig verreisen konnte. Der Nachfolger der Drag Star wurde eine Transalp XL 700 VA mit ABS. Das habe ich schon ein paarmal gebraucht. Zurzeit habe ich zu der Transalp noch eine kleine Sportenduro, eine AJP PR4, mit der ich durchs Gelände fahre."

...wahrlich im Gelände mit der AJP, Bild Monika Bischoff

Wir philosophieren über verschiede Reiseenduros, wobei mir auffällt, wie kontrolliert und umsichtig Monika ist. „Ich muss ein Motorrad auch allein aufheben können. Das ist mir wichtig. Bei einer Großenduro mit mehr als 240 Kilo Gewicht kann ich das nicht." Wenn das einmal alle Motorrad fahrenden Männer so beherzigen würden . . . Monikas Traummotorrad ist übrigens eine Ténéré 700, wegen des geringen Gewichtes und der guten Handlichkeit. Die hat sie bereits gefahren und war begeistert. Monika zieht es in die Französischen Seealpen des Grand Canyon. Von den Strecken dort ist sie begeistert.

Nur, wenn man über seine Grenzen geht, lernt man auch dazu...

Auch Monikas Schotterlebnisse sind geprägt von einer Fahrt durch die Westalpen. „Dein Motorrad kann das" hat ihr jemand gesagt. Und sie ist dann einfach hinterhergefahren. „Nur wenn man über seine Grenzen geht, lernt man auch dazu", sagt sie.

Monika Bischoff mit ihrer „Dicken" in den Westalpen, Bild Monika Bischoff

 ... und vor beeindruckender Kulisse, Bild Monika Bischoff

... auf ausgewaschenen Pisten, Bild Monika Bischoff

Wie sehr Monika von den Alpenregionen gefesselt ist, zeigt sie bei der mit leuchtenden Augen vorgetragenen und wohl faszinierendsten kurzen Reisebeschreibung in diese Region im Jahre 2017:

„In dem Jahr war ich mit drei Freunden von den „Transalpern“ in den Westalpen und bin unter anderem die Ligurische Grenzkammstraße, die „Assieta“ Kammstraße, den „Tunnel du Parpaillon“, auf den Sommelier und auf den Monte Jafferau (Foto) gefahren mit meiner Hummel (der Dicken, XL700VA). Das war das Verrückteste, aber Großartigste, was ich je mit ihr angestellt habe".

Man tauscht sich über regionale Grenzen hinweg aus…

Zurück zu Women on Wheels. Der Verein legt viel Wert auf Gemeinschaft, auch auf ein gemeinsames Treffen aller Mitglieder. Dazu reisen die Vereinsmitglieder eine Woche vor der einmal im Jahr stattfindenden Jahreshauptversammlung an. Es werden gemeinsam Touren gefahren. Man tauscht sich über die regionalen Grenzen hinweg aus und findet sich im Ziel des Vereins: mit dem Motorrad zusammen Spaß zu haben und neue Gegenden kennen zu lernen.

Women on Wheels organisiert sich in offenen oder geschlossenen Stammtischen an mittlerweile 24 Orten, die über die Deutschlandkarte verteilt sind. Monika organisiert den Dortmunder Stammtisch. Jede interessierte Motorradfahrerin kann bei ihr teilnehmen und sich einbringen, auch wenn sie noch kein Vereinsmitglied ist.

Biken für Bodo

Dabei zeigt der Verein soziales Engagement. Es gibt verschiedene Charity-Fahrten, unter anderem das „Biken für Bodo“, an denen WoW teilnimmt und das die Ärmsten der Armen unterstützt. Etwas für Obdachlose zu tun, die ansonsten vom Motorradfahren noch nicht einmal träumen könnten, ist etwas Besonderes.

Umweltschutz ist Women on Wheels wichtig. Das ist nicht nur eine Floskel, die mittlerweile in aller Munde ist. Monika achtet mir ihren „Mädels“ darauf, dass nicht unnötig herumgefahren wird. Man kann auch leise durch Kurven fahren und muss Anwohner nicht mit seinem Lärm belästigen. Ohnehin, laute Motorräder sind nicht das, was Women on Wheels sich wünscht. Das kommt überzeugend herüber und führt mich zu der Frage, ob denn die gemeinsame Ausrichtung zwischen dem BVDM und Women on Wheels zu der KOOP-Partnerschaft geführt habe.

Entwaffnend ehrlich sagt Monika: „Nein, das war es nicht. Ich war im letzten Jahr auf der „Motorräder“ in Dortmund. Da habe ich am BVDM-Stand Michael Wilczynski getroffen. Der hat mich dazu gebracht, das Thema der KOOP-Partnerschaft in unserem Verein zu thematisieren. Wir haben natürlich erst abgestimmt und alle waren für eine Zusammenarbeit mit dem BVDM.

Wir identifizieren uns mit dem, was der BVDM macht. Die Ziele und Aktionen des Verbandes sind überzeugend. Auch die Mitgliedschaft bei „Silent Rider“ finden wir gut, wenngleich wir uns – wie der BVDM – auch gegen Streckensperrungen aussprechen. Das muss aber kein Widerspruch sein…“

Eine Beteiligung von WoW an Aktionen des BVDM kann sich Monika gut vorstellen. Wir freuen uns darauf.


Kontaktdaten Women on Wheels
Pressesprecherin Monika Bischoff

www.wow-germany.de/kontakt/

presse@wow-germany.de

Mitgliedsbeitrag 40 Euro/Jahr

 

Günter Heumann-Storp