Am 3.6.19 hatte die Region Nationalpark Eifel zur Vorstellung ihrer Kampagne „Silent Rider" ins Kreishaus Düren eingeladen. Da man in den vergangenen Jahren nur regional agierte, sollte nun überregional, ja sogar bundesweit zusammen gearbeitet werden. „Ziel des gemeinsamen Handelns ist es, bundes- ja europaweites Aufsehen zu erreichen, die verantwortlichen Politiker in Land, Bund und Europa auf die Problematik aufmerksam zu machen und die Initiative für eine Änderung der rechtlichen Bestimmungen für die Zulassung und den Betrieb von Motorrädern zu ergreifen." Zu dem Aktionsbündnis gehörten zu diesem Zeitpunkt 6 Kommunen, 3 Kreise, 3 Polizeibehörden, die Verwaltung des Nationalparks Eifel und seines Fördervereins. Mittlerweile haben sich weitere Kommunen der Kampagne angeschlossen.

Motorradfahrer sollen nicht stigamatisiert werden

Wolfgang Spelthahn, Landrat des Kreises Düren, begrüßte die Gäste und betonte, dass er gegen Streckensperrung sei. Er wisse, dass es dadurch nur eine Verlagerung des Lärms gebe. Auch die rechtlichen Probleme seien bekannt. Dieses Wissen beruht nicht zuletzt auf der intensiven Arbeit des BVDM gegen Streckensperrung. Es war wohltuend, die BVDM-Argumente aus dem Munde des Landrates zu hören! Die Argumente des BVDM haben überzeugt und sind angekommen. Der Landrat möchte die Motorradfahrer nicht stigmatisieren, er wendet sich nur gegen die Rowdys. Kürzlich sei ein E-Porsche vorgestellt worden, das stimme ihn optimistisch im Hinblick auf die Zukunft der E-Mobilität auch auf zwei Rädern.

Der Bürgermeister von Simmerath, Karl-Heinz Hermanns, führte die bislang durchgeführten Aktionen gegen Motorradlärm auf. Der Nationalpark Eifel ist der einzige Nationalpark in NRW. Auch er betonte, dass die Motorradfahrer als Touristen willkommen seien, aber ohne „Lärmverschmutzung". Er möchte „nette" Motorradfahrer! Einige einheimische Motorradfahrer führen am Wochenende nur ungern, wenn die Rowdys unterwegs seien.

BVDM distanziert sich von Lärm-Chaoten

Der BVDM ist bekanntermaßen seit Jahren beim Kampf gegen Streckensperrungen erfolgreich. Gerade uns ist, durch unsere Präsenz vor Ort, die zum Teil extreme Lärmbelastung der Anwohner bewusst. Daher befürworten wir eine stärkere Sanktionierung bei vorsätzlicher Lärmerzeugung, zum Beispiel wenn etwa der dB-Eater ausgeräumt wurde. Der BVDM distanziert sich klar von solchen Fahrern! Ähnlich negativ sehen wir Klappen im Auspuff, die unnötigen Lärm erzeugen und die Grenzwerte nur im zulassungssrelevanten Messebereich einhalten. Wir treten für Rücksicht und gegenseitigen Respekt ein. Wir fordern freie Fahrt durch die touristisch schönen und alle anderen Strecken, für alle, die sich an die Regeln halten. Wir  Motorradfahrer haben es im wahrsten Sinne des Wortes in unserer (Gas-)Hand, wie leise oder laut wir fahren.

Kampagne soll 2020 starten

Bei der Kamagne Silent Rider gibt es zwei Komponenten:

1. Den Forderungskatalog an die Politiker im Land, Bund und EU (die nächste Kommunalwahl steht bevor).
2. Die Kampagne „Silent Rider", die die Motorradfahrer für das Lärmproblem sensibilisieren soll.

1. Der Forderungskatalog an die Politiker wurde als Entwurf vorgelegt und gemeinsam besprochen. Er wurde auf Anregung des BVDMs an einigen Stellen geändert. So wurde der Begriff  "Zweiräder" durch "Kfz" ersetzt, da auch Quads und Sportwagen zu den Lärmemissionen beitragen. Nach Diskussion und Zustimmung zu dieser Änderung wurde anschließend sensibler auf die Terminierung geachtet. Das war super! Es war ein konstruktives Zusammenarbeiten. Landrat Spelthahn forderte die Streichung „unabhängig vom Baujahr" bei der Festsetzung der Grenzwerte. Er ist Schirmherr bei der Oldtimerrally und würde dort „Ärger bekommen", wenn er so etwas fordere! Unter Punkt 7 des Forderungskatalogs wird ein Bußgeld und 2 Punkte im Verkehrszentralregister für Manipulation der Auspuffanlage gefordert. Ich wies daraufhin dass wir diese Sachlage nur einem eifrigen Verkehrsminister aus Bayern zu verdanken haben. Vor der Reform gab es 2 Punkte und 90€ Strafe für Manipulationen, die die ABE außer Kraft gesetzt haben. Die Spezialisten, die auf einer Strecke immer wieder hin- und herfahren und ihre „Leistung" dann ins Netz stellen, bescheren uns den Wunsch nach Streckensperrung.

2. Die Kommunikationsagentur stellte die Kampagne vor. Der zweite Ansatz ist die Sensibilisierung der Motorradfahrer für das Lärmproblem. Ob die Kampagne ankommt, ist fraglich in meinen Augen. Aber es ist ein Versuch wert. Es werden auf jeden Fall mehr Motorradfahrer erreicht, als wir mühsam mit „Kaffee statt Knöllchen" erreichen. Auch hier freut man sich über unsere Mitarbeit. Grundlage für das Motto „Silent Rider" ist das berühmte Roadmovie „Easy Rider". Das legendäre Bild mit den beiden Darstellern, die auf ihren Motorrädern durch tolle Landschaften cruisen, kennen die meisten. Die Motorradfahrer sollen sich damit positiv identifizieren. Sie sollen sensibilisiert werden und nicht diffamiert werden.

Spelthahn mahnte zum Schluss einen direkten Weg in die Politik an. Er möchte die Politiker bis zum Frühjahr 2020 für das Problem sensibilisieren.

Fazit: alle normalen Motorradfahrer sind herzlich willkommen in der Eifel. Für die Kommunalpolitiker ist es eine Zwickmühle, die Anwohner wollen Ruhe, die nächste Wahl steht vor der Tür, aber die ganze Tourismusbranche weiß die Motorradfahrer als Kunden zu schätzen.

Karin Karrasch

Der Forderungskatalog

1. Motorräder müssen wesentlich leiser werden. Die Anforderungen an die Beschaffenheit und den
Betrieb von Motorrädern müssen neu definiert werden. Dazu bedarf es politischer Vorgaben.


2. Um den von Kraftfahrzeugen erzeugten Lärm zu reduzieren, wird eine abgestimmte Lärmschutzpolitik
auf europäischer und nationaler Ebene benötigt. Dies muss durch ein zentrales
Lärmschutzgesetz, in dem die EU-weiten Grenzwerte massiv verschärft werden, ermöglicht
werden.


3. Die Strafen für Manipulationen am Auspuff und am Luftfilter müssen drastisch verschärft, die
Verwendung von lärmsteuernden Auspuffklappen und elektronischen Regelungen, die Einfluss auf
das Lärmverhalten haben, muss verboten werden.


4. Es bedarf neuer Verfahren (Messverfahren, Zulassungskriterien u. a.) bei der EU-Typprüfung von
Kraftfahrzeugen, welche die tatsächlichen Geräuschverhältnisse bei den unterschiedlichen
Fahrzuständen besser berücksichtigen.


5. Wir fordern endlich auch die von der Polizei und der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) seit
Jahren propagierte Einführung einer „Geräuschmessung light", die es der Polizei vor Ort unkompliziert
ermöglicht, die Geräuschentwicklung eines Auspuffs zu messen und Manipulationen zu
erkennen. Eine Fahrzeugstilllegung an Ort und Stelle muss die einzige Konsequenz einer nachgewiesenen
Manipulation sein. Dies muss auch in den Fällen gelten, wenn manipulierte Fahrzeuge an
Ort und Stelle wieder ordnungsgemäß umgerüstet werden.


6. Den zurzeit angewandten Messverfahren für die EU-weite Geräuschtypprüfung von Motorrädern
sind restriktivere Geräuschgrenzwerte zum Schutz von Mensch und Natur, die durch den Gesetzgeber
festzulegen sind, in allen Betriebszuständen zugrunde zu legen.


7. Für Manipulationen am Motorrad, die zu einer Geräuscherhöhung führen, sollte ein Bußgeld von
mindestens 250 EUR erhoben werden sowie die Eintragung von zwei Punkten im Verkehrszentralregister
erfolgen. Ein Erlöschen der Betriebserlaubnis und somit die Möglichkeit der soforti-
Stilllegung eines manipulierten Kraftfahrzeuges muss ebenfalls eingeführt werden.


8. Für Motorräder muss ein Frontkennzeichen verpflichtend eingeführt werden.


9. Wir fordern die Einführung einer allgemeinen Halterhaftung – zumindest aber einer Kostentragungspflicht
analog der Regelung im „ruhenden" Verkehr auch im „fließenden" Verkehr, die beim
Betrieb von Kraftfahrzeugen auch im „fließenden" Verkehr ausgelöst werden.


10. Bei Motorrädern muss der besonderen Anonymisierung der Fahrer (durch den Helm) endlich
Rechnung getragen werden, damit eine rechtsfreie Zone beseitigt wird. Maßnahmen sind: ein
Kennzeichen vorn oder alternativ ein persönliches Helmkennzeichen – und natürlich die Wiedereinführung
des großen Kennzeichens hinten.

 

Das Statement des BVDM zum Forderungskatalog

Der BVDM beteiligt sich an der Kampagne, weil schon die Forderungen zeigen, dass es wichtig ist, die Positionen der Motorradfahrer zu vertreten. Nur durch unsere Beteiligung können wir mitgestalten und mitwirken.
Geräuschobergrenzen müssen aber für alle Fahrzeuge gelten, nicht nur Motorräder.

Die Forderung nach Frontkennzeichen lehnen wir ab. Die Messtechnik macht es möglich auch das hintere Kennzeichen zu erfassen. Das darauf meist verzichtet wurde, liegt an der fehlenden Halterhaftung in Deutschland, denn es werden deutlich mehr Autofahrer als Motorradfahrer fotografiert. Kostenreduktion bei der Messtechnik darf nicht zu Lasten von Motorradfahrern gehen.

Zudem ist es dem BVDM wichtig, dass die Forderungen für alle motorisierten Fahrzeuge im Straßenverkehr gelten müssen, eine ausschließliche Anwendung auf Motorradfahrer lehnen wir als Diskriminierung ab.

Der BVDM hat sich schon vor vielen Jahren bei der Kampagne "Laut ist out" klar positioniert. Er fordert die Einhaltung der Lautstärkenobergrenze über den gesamten Betriebszustandes eines Fahrzeuges. Damit würden sich auch die Messmethoden deutlich vereinfachen. Der BVDM fordert konsequentes Vorgehen gegen vorsätzliche Manipulation an Auspuffanlagen und  den Verzicht auf Auspuffklappensteuerungen und andere technische Einrichtungen zur Erhöhung der Lautstärke. Eine drastische Reduzierung der zurzeit geltenden Lautstärke-Grenzwerte wird sich insbesondere bei Motorrädern technisch kaum umsetzen lassen. Die akutellen Grenzwerte reichen nach Ansicht des BVDM aus, wenn sie in jedem Betriebszustand des Fahrzeuges gelten.