Zitat von der BVDM Webseite:

Mit der BVDM-Deutschlandfahrt „erfährst" Du jedes Jahr auf den schönsten Motorradstraßen neue und abwechslungsreiche Landschaften, fernab der großen Ballungsräume und Verkehrsströme. Dabei ist es egal, ob es um lustbetontes Motorradfahren oder um die Jagd nach möglichst vielen Punkten im Wettbewerb um Pokale geht; die Deutschlandfahrt bietet beides. Jeder Teilnehmer entscheidet für sich selbst, was für ihn das Richtige ist.

Klare Regeln

Zugegeben war ich schon lange im BVDM und auch schon im Vorstand, bevor ich mich erstmals motivieren konnte, an der Deutschlandfahrt teilzunehmen. Warum erst so spät? Keine Ahnung. Im Nachhinein verstehe ich es nicht. Es lag mit Sicherheit nicht an „Angst" vor dem (Touren)sportlichen Wettbewerb. Schließlich bin ich seit gut 35 Jahren motorsportlich aktiv. 2011 konnte mich das Ziel Augustusburg motivieren, erstmals bei der DF teilzunehmen und ich war als Vielfahrer angefixt. Klare Regeln, wenn auch im ersten Moment kompliziert und vor allen eins: Intensiv Motorradfahren von Freitag 8 bis 19 Uhr und Samstag 8 bis 14 Uhr. Seitdem bin ich jedes Jahr gestartet.

Bei meiner Vorgeschichte bezüglich Sport auf der „Jagd nach möglichst vielen Punkten im Wettbewerb", was ich bei der fünften, sechsten und siebten Teilnahme (2018 im Harz) auch erfolgreich umgesetzt habe.

Dieser Bericht zur Deutschlandfahrt 2018 im Harz beschreibt daher nicht die Schönheit der Gegend unter touristischen Gesichtspunkten, sondern gibt meine Erfahrung mit der Deutschlandfahrt wider, mit dem Ziel „möglichst viele Punkte zu sammeln"
(2016 Punkte Maximum, 2017 und 2018 zweithöchste Punktzahl) unter klaren Rahmenbedingungen. Navi am Motorrad, Generalkarte im Tankrucksack. Daten der 12 Hauptkontrollen (im folgenden HK) und zugehörenden Nebenkontrollen (NK) 1 und 2 im Navi und der Karte.

Gute Vorbereitung ist die halbe Miete

Zwei Wochen vor der DF. Das Wertungsheft ist im Briefkasten. Am nächsten Abend kommt die Mail mit den GPS Daten der HK´s und den NK´s eins und zwei. Jetzt kann der wesentliche Teil beginnen, der über 50 Prozent des Erfolgs ausmacht: Die Planung der Route.
Ein bis zwei Abende sollte man dafür einplanen. Punkt a, welche Kontrollen bringen viele Punkte? Am Freitag sollte man fünf Hauptkontrollen anfahren, am Samstag drei. Von diesen acht HKs sollte man nun die 18 Nebenkontrollen mit den meisten Punkten anfahren.
Nahezu immer ist die unbekannte Nebenkontrolle 3 dabei, die man nicht in der Routenplanungen berücksichtigen kann. Mir hilft bei der Auswahl eine Excel-Tabelle. Die diesjährigen Sieger haben sogar ein Programm entwickelt, das sie dabei unterstützt hat.

Jetzt beginnt der zeitaufwendige Teil der abendlichen Vorplanungen. Alle bekannten Haupt- und Nebenkontrollen werden in die Generalkarte übertragen, die in der Ausschreibung genannt ist. Nur so hat man bei der weiteren Planung einen Überblick, welche Strecken realistisch sind bei der weiteren Planung. Bei meiner zweiten Deutschlandfahrt habe ich mich „blind" auf die GPS- Koordinaten der erstmals ausgeschriebenen Geo-Dashing Klasse verlassen. Ein Fehler, der viel Fahrzeit gekostete hat. Der dritte Schritt ist nun die zuerst ausgewählten acht HKs und 18 NKs so zu verbinden, dass man möglichst viele davon in den zwei Tagen auch anfahren kann und am Ende am Zielort rauskommt. Ein entscheidender Punkt, um die Variantenvielfalt überschaubarer zu machen, ist der Startort. Er liegt ideal an einer HK mit Übernachtungsmöglichkeit. Wenn die HKs gleichmäßig um den Zielort liegen, ist man relativ frei bei seinen acht favorisierten HKs. Wenn der Zielort an einer Ecke des Fahrgebietes liegt, sollte der Start am anderen Ende liegen. Das war bei der Tourenzielfahrt in Sachsen mit Ziel Augustusburg der Fall. Am Freitag um 8 Uhr mussten Horst und Christel Orlowski, an HK 1 in der Nähe der polnischen Grenze, 18 Starter gleichzeitig auf die Deutschlandfahrt 2011 schicken. Danach kam kein einziger mehr. Man sollte aus dem Startort aber auch keine Wissenschaft machen. Ideal liegt er Anreisetechnisch auf kürzestenWeg zum Wohnort. Bei mir war es die letzten drei und sehr erfolgreichen Jahre, die HK an der meine Freundin Nora als Besetzung der Hauptkontrolle eingeteilt ist. Vielleicht nicht immer optimal, die Anzahl der möglichen
Fahrtrouten ist aber immer noch riesig und auch die Zielkontrolle am Freitag sollte möglichst bei einer Übernachtungsmöglichkeit liegen. Am Ende dieser Planungen steht dann eine Liste von HKs mit zugehörigen Nebenkontrollen, die ich genau in dieser Reihenfolge anfahren möchte. Natürlich gibt es dahinter immer noch zwei weitere Listen mit Plan B und C,falls etwas nicht so läuft wie geplant. Dazu gehört die Ungewissheit, wie die geheime 3. Nebenkontrolle in die Route passt.

Start an HK 4

2018 hat Wolfgang Nora und Elvira für die HK4 eingeteilt. Also ist klar, wo Michael W. und ich im Harz starten.
Das „Cafe im Grünen" liegt mitten im Wald und weit ab vom Ort Derresheim. Schon die Schotterauffahrt im Dunkeln am Donnerstagabend ist ein Abenteuer. Ein „Abenteuer", das nicht alle Besucher der Kontrolle im hellen eingehen werden. Jeder Gang hält schlank. Von der HK 4 werde ich nur die geheime 3. Nebenkontrolle mitnehmen und habe Glück. Sie liegt genau auf halben  Weg zur HK5 am Motopark Oschersleben, die ich als nächstes anfahren möchte. So gönne ich mir in Oschersleben in einer Bäckerei ein zweites Frühstück und Tanke nochmals voll. Eine gute Entscheidung, denn von den nächsten beiden HK´s werde ich alle drei Nebenkontrollen mitnehmen. Da die teilweise ungünstig auseinanderliegen, bleibt in den nächsten fünf Stunden keine Zeit für eine Pause. Sportliche Fahrweise ist jetzt angesagt. Das passt zu den Kontrollen. Mit Oschersleben und dem Harz-Ring bei Reinstedt liegen gleich zwei an einer Rennstrecke. Aber es passt. Gerade noch rechtzeitig erreiche ich die HK 6 und HK 8. Rechtzeitig bedeutet innerhalb der zweieinhalb Stunden Fahrzeit, die man für eine HK und drei NKs hat. Natürlich kann man auch länger fahren. Dann kann man aber eine Kontrolle weniger anfahren ,um Punkte zu sammeln. Die geheime NK 3 von HK8 führt zum Kyffhäuserdenkmal.

Kurven und Spitzkehren

Auf der Anfahrt geht es über die ständig von Streckensperrung bedrohten Strecke, auf der nur noch Tempo 50 erlaubt ist. Zunächst schaue ich mehr auf den Tacho als auf die Strecke, damit ich ja nicht zu schnell fahre auf dieser gut kontrollierten Straße. Und dann erwacht der Ehrgeiz. Auch alle Kurven und Spitzkehren versuche ich erfolgreich mit 50 km/h zu nehmen. Nach dem Kyffhäuser wird es noch einmal spannend. Für die letzten zweieinhalb Stunden des Tages stehen alle drei Nebenkontrollen von HK7 in meinem Plan, und dann eine längere Anfahrt zur HK 9. Erschwerend kam hinzu, dass ich an der Festung in Heldrungen nicht alle Antworten sofort finde und eine gefühlte Ewigkeit suchen muss.

Nachtkontrolle

Um 18.57Uhr erreiche ich gerade noch pünktlich die Burg Großfurra und werde entschädigt. Ein absoluter Glücksgriff, die HK9 als Übernachtungsquartier gewählt zu haben. Die HK liegt direkt an der ältesten erhaltenen und mittlerweile restaurierten mittelalterlichen Burg Thüringens. Errichtet im 11. Jahrhundert. Eine lange Treppe führt hinauf zu meinen traumhaften „Einzel"-Zimmer in historischen Gemäuern. Und die Speisen und Getränke der „Junker Schänke" sind ein Genuss.
Wir sitzen lange im Biergarten und irgendwann kommt dann auch noch die Chefin zu uns. Sie erzählte, wie sie zu der Burg kamen und welche Hindernisse sich auftuen bei so einem Projekt, das nie fertig wird. Eigentlich wollten sie ja nur einen Bauernhof auf dem Land kaufen und sahen dann, neben einem Bauernhof, den sie besichtigten, die Burg. Das war 1996. Seit 2005 vermieten sie auch Zimmer Die Gaststätte ist an diesem Freitag voll und das, obwohl es keine Hinweisschilder auf den Gastronomie Betrieb gibt in Großfurra. Auch Motorrad und Oldtimertreffen wurden schon an der Burg veranstaltet.

Ein echter Geheimtippp!

Das Frühstück wird am nächsten Morgen im mächtigen Kaminzimmer gereicht. Gerne währe ich noch geblieben, aber Punkt 8 Uhr geht es weiter auf der Jagd nach Nebenkontrollen und Punkten. Über das Zisterzienserkloster Walkenried und das IFA-Museum Nordhausen geht es zur HK 1 im kleinen Ort Lonau. Wie am Vortag, komme ich gut in der Zeit zur ersten HK des Tages. So bleibt Zeit für einen Kaffee und reichlich Smaltalk mit der HK Besetzung (Konrad und Carla). Danach heißt es noch einmal, keine Zeit verlieren. Alle drei Nebenkontrollen plus ein weiter Weg zur letzten HK fordern nochmals zweieinhalb Stunden volle Konzentration beim Fahren und Suchen der Antworten. Die HK 12 in Schierke auf dem Brocken muss ich suchen. Die HK-Besetzung hatte schon alle Hinweisschilder eingesammelt, da sie nicht mehr mit weiteren Teilnehmern rechneten. Leider liegt die geheime NK, die ich anfahren möchte entgegengesetzt zum Ziel in Quedlinburg. Dazu kommt noch eine Baustelle unmittelbar an der Zufahrt und Abfahrt zur Grube Samson in St. Andreasberg und eine Frage, deren Lösung ich zunächst nicht finde. Da man im Ziel 30 Minuten Karenzzeit hat, die maximal 60 Punkte kosten, beschließe ich, die Antwort die 240 Punkte bringt, zu suchen. Nach 10-15Minuten finde ich endlich den Hinweis, der mich darüber aufklärt, an welchem Tag Goethe hier an der Grube Samson weilte.

Auf dem Weg zum Ziel

Nun heißt es auf schnellsten Wegen zum Ziel in Quedlinburg zu fahren. Das Navi zeigt mir eine Ankunftszeit, in über einer Stunde, die noch innerhalb der 30 Minuten Karenz liegt. Das bedeutet, ambitioniert fahren. Zügig überholen und nicht aufhalten lassen.
Zum Glück sind die Straßen relativ frei und keine Baustellen behindern die Fahrt. Zudem hat das Navi eine geringe zulässige Geschwindigkeit für die B6 gespeichert, über die ein Großteil der Strecke führt, als die Schilder am Straßenrand sagen.

Gearade noch Rechtzeitig

So erreiche ich gerade noch pünktlich um 13.58 Uhr den Wipertihof, das Ziel mitten in Quedlinburg. Jetzt erst einmal glücklich einen Zielkaffee und anschließend eine interessante und kurzweilige Führung durch das Weltkulturerbe Quedlinburg. Ich bin zufrieden. Es hat alles so geklappt, wie ich es geplant hatte und anderthalb wunderschöne und anspruchsvolle Fahrttage liegen hinter mir, die  mich über 850 Kilometer kreuz und quer durch den Harz geführt haben. Zum Sieg hat es mit 4909 Punkten nicht gereicht. Harald und Christof hatten eine Route gewählt und erfolgreich umgesetzt, die nochmals 20 Punkte mehr brachte. Glückwunsch an die beiden Sieger. Nächstes Jahr werden Karten neu gemischt. Ob mit oder ohne Ambitionen Punkte zu sammeln, jede Deutschlandfahrt, an der ich teilgenommen habe, hat Spaß gemacht. Man sollte sie mal„erfahren" haben. Wenn diese Zeilen jemanden motivieren, erstmals teilznehmen würde es mich freuen. Konkurrenz belebt das Geschäft. Wir sehen uns Ende August 2019 im mittelfränkischen Rothenburg ob der Tauber.

Olaf Biethan

Korrektur

In der letzten Ausgabe der Ballhupe steht fälschlicherweise, dass ich die Deutschlandfahrt seit 1988 organisiere. Richtig ist, dass ich seit 1988 (mit Zielort Adenau) als Teilnehmer dabei bin. Im Jahr 2000 (Ziel in Bensheim) habe ich gemeinsam mit Willi Tiegel-kamp die Veranstaltung ausgearbeitet. Organisiert hat Martin Schumann die Deutschlandfahrt bis 2002. Ab 2003 (Zielort Ostfildern) habe ich von ihm die Organisation übernommen. Die Ausarbeitungen der Veranstaltungen sind dabei teils von anderen, teils von mir gemacht worden.

Wolfgang Schmitz

Deutschlandfahrt im Harz und Umland