Seit vielen Jahren schon ist mir ein Clubmitglied aufgefallen, dass ich auf dem Motorrad nur und ausschließlich mit einem so genannten Neck Brace sehe. Also dem steifen Schulteraufsatz (Nackenstütze/Halskrause), wie man ihn von Motocrossveranstaltungen oder der Formel1 her kennt.
Vor einigen Monaten hatten wir nach einer BVDM-Veranstaltung noch etwas Zeit, um zusammenzusitzen, und ich habe ihn endlich mal fragen könne, was es damit auf sich hat.

Nackenstütze schützt vor Überstrecken

Dass man die Dinger nicht zum Spaß an hat, oder weil sie „so geil aussehen", war mir vorher schon klar. Nur der Bezug zum „auf der Straße fahren" fehlte mir. Aber das Mitglied hat meiner Meinung nach Recht: man muss nicht zwingend einen „Flip-Flop-Überschlag" im Gelände machen, um sich den Hals zu brechen. Das Prinzip der Nackenstütze ist es, der Überstreckung/ Nickbewegung der Nackenmuskulatur bei Stürzen Einhalt zu gebieten, indem der (Vollvisier-)Helm sich vorne, hinten und seitlich abstützt und somit auch lästige, schmerzhafte Muskelverspannungen verhindern kann. Von Wirbelbrüchen ganz zu schweigen.

Kurzerhand lieh mir der Kollege für eine Woche seinen Brace, um einen ersten Eindruck zu bekommen. Er war nicht richtig störend, aber ich hatte das Gefühl, er passt nicht richtig. Was ja auch irgendwie klar war. Also lesen, informieren, im Zubehör Fragen und ausprobieren. Nach dem Ausprobieren im Zubehörhandel war ich ziemlich ernüchtert. Er führte das gleiche Modell, das ich geliehen bekommen hatte. Ich bekam es nicht richtig eingestellt. Entweder zu klein (Enge) oder zu groß (schlechte Abstützfunktion). Mit diesem Modell das war nix. Also wieder informieren und suchen.

Nach längerer Suche ein geeignetes Modell gefunden

Nach vielem Hin und Her bin ich dann in einem anderen Preissegment gelandet. Und bei einem Anbieter, der zum Zeitpunkt des Kaufes 34 Prozent Preisnachlass sowie ein 14-tägiges Rückgaberecht angeboten hattte. Da zu diesem Zeitpunkt eine Drei-Tages-Tour mit rund 1200 Kilometern geplant war, kam mir das gerade recht. Also Kaufen, Anpassen, Ausprobieren und gegebenenfalls wieder zurückschicken.

Was mir gut gefällt ist, dass das Einstellen des Neck-Braces über Gleitstücke im Kinn- und Nackenbereich geschieht, mit denen man die Höhe anpasst. Zu niedrig: der Kopf ist in Gänze frei, er ist beweglich, aber die Stützfunktion fehlt. Zu hoch: die Stützfunktion ist gegeben, aber der Kopf ist „eingeklemmt" und auch der Seitenblick stark eingeschränkt. Und irgendwo dazwischen muss die Wahrheit liegen. Die Abstützung nach hinten erfolgt gegen die Schulterblätter und nicht, wie bei einigen anderen Modellen, gegen die Wirbelsäule.

Grundeinstellung dauerte keine 10 Minuten

Das Grundeinstellen mit Motorradjacke und meinen zwei Helmen vor dem Spiegel hat keine 10 Minuten gedauert. Dann stand die Tour an. Die Anfahrt erfolgte über die Autobahn, rund 450 Kilometer. Bei der ersten Pinkelpause habe ich die Kinnstütze verändert. Sperrriegel öffnen (ohne Werkzeug), Gleitstück verschieben, Sperrriegel wieder zu. Besser. In der zweiten Phase habe ich dann das Nackenteil angepasst. Das Gleiche, genauso einfach. Sperrriegel öffnen (ohne Werkzeug), Gleitstück verschieben, Sperrriegel wieder zu. Gut. Die Beweglichkeit beim Seitenblick war gegeben, die Begrenzung nach hinten und vorne aber auch. Am Ende der Tour habe ich das Nackenstück dann noch mal um eine Raste verändert. Fertig. Passt, wackelt und hat Luft.

Meine Wahl ist auf das Modell GPX 5.5 von Leatt gefallen. Es ist absolut einfach in der Handhabung. Viel wichtiger aber ist, dass es vernünftig und individuell einzustellen ist.

Ein Neck Brace ist kein Schnäppchen, aber mehr als eine Überlegung wert

Mein Fazit: Ja, wir alle sind die letzten 40 Jahre ohne Brace ausgekommen. Ja, ein Brace, ist kein Schnäppchen.
Und ja: ich als Krankenpfleger, der auch 20 Jahre lang einen unfallchirurgischen Schockraum mit betreut hat, bin der Meinung, dass man über die Anschaffung eines Neck-Brace zumindest mal nachdenken darf/sollte.
Liebe Grüße, und immer die Spiegel oben halten.