BMW R 100 RS, Bauj. 1982

Im März 1982 erblickte sie „das Licht der Welt“. Na ja, sagen wir weniger theatralisch, sie wurde erstmals zum Straßenverkehr zugelassen. Leider nicht auf meinen Namen, zu dieser Zeit hätte ich mir dieses Motorrad kaum leisten können. Ich bin der 2. Besitzer. Seit nunmehr 10 Jahren begleitet mich dieser Oldtimer – nach dem Kauf sorgfältig originalgetreu restauriert - als Liebhaberstück und als Erinnerung an einen „Jugendtraum“. Selbstverständlich ist die Modellbaureihe der BMW R 100 RS erheblich älter. Mein Motorrad markiert eher das Ende dieser Modellreihe, sozusagen die letzte Motor-Evolutionsstufe.

Das erste Motorrad mit serienmäßiger Voll-Verkleidung

1976 wurde die „RS“ in den Markt eingeführt und sorgte zu dieser Zeit für Furore. 1976 war dieses Motorrad mit serienmäßiger sportlicher Vollverkleidung eine absolute Ausnahme auf dem Markt. Bis dahin waren Vollverkleidungen das Geschäft der Zulieferindustrie. Um einige berühmte Marken zu nennen: Habermann, Gläser, Avon.

 

  

 

 

 

 

 

   

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Jahre 1976 war BMW (wieder) in großer Not. Der 2-Ventil-Boxer-Motor wurde zwar von seinen Fans geliebt, war aber hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit den japanischen Vierzylinder-Motoren unterlegen. BMW hatte nicht das Geld für eine neue Motorenentwicklung und suchte nach Optionen, den Boxer attraktiv und modern zu halten. Die von Hans A. Muth unter anderem im Pininfarina-Windkanal entwickelte Verkleidung (4) (BMW nannte sie „Integral-Cockpit“) war ein großer Wurf.

Stilistisch und funktional, weil sie es dem Fahrer ermöglichte, hohe Geschwindigkeiten auf der Autobahn auch über lange Strecken durchzuhalten. Gleichzeitig wird die Last von Kälte und Regen zwar nicht eliminiert aber doch spürbar reduziert. MOTORRAD schreibt 1976: „Sie bietet optimalen Schutz gegen Wind und Wetter, ihre ausladenden Maße schützen den Fahrer total“ (1).

Noch heute ein hoher Nutzwert

Beides sind Eigenschaften, die der Autor an seinem Oldtimer noch heute liebt. So ist die R100RS auch aktuell das bevorzugte Motorrad bei schlechtem Wetter. Gleichzeitig erhöhten bewusst gestaltete „Spoiler“ an der Verkleidung ab etwa 140 km/h den Druck auf das Vorderrad und stabilisieren das Fahrwerk. Ein weiterer wesentlicher Vorteil in einer Zeit, als serienmäßige Motorradrahmen (auch bei BMW!) noch nicht die Stabilität bei hohem Autobahn-Tempo boten, wie dies heute der Fall ist. Der Autor registriert dies noch heute, wenn er mit der R 100 RS mit 160 km/h Reisegeschwindigkeit auf der (leeren) Autobahn zügig Kilometer abspult. Allerdings – das sei deutlich betont – die BMW R 100RS war und ist kein „Racer“. Sie war (und ist) eine sportliche Tourenmaschine. So schreibt bereits 1977 die Zeitschrift PS „… die Höchstgeschwindigkeit erhöht sich durch das Cockpit nicht, …. die Lichtschranke wies 187,9 echte km/h aus – nicht gerade viel für ein verkleidetes Motorrad mit 70 PS“ (3)

1977 wählten dann 55000 Leser der Zeitschrift MOTORRAD die BMW R 100 RS zum „Motorrad des Jahres“ (2). Die ungleich stärkere Kawasaki 1000 mit einem fulminanten Vierzylinder-Motor erreichte „nur“ den Platz 2.

 

 

Das Thema Motorrad-Verkleidung beschäftigte die Motorradfahrer und die Zulieferindustrie bereits sehr lange. 1965 widmete MOTORRAD diesem Thema einen langen und ausführlichen Testbericht: „25 000 Motorradkilometer mit Verkleidung“ (4). Für diesen Artikel hatte man eine BMW R69S mit einer Gläser-Verkleidung ausgestattet und stellte fest „Je länger die Strecke ist, die man zu bewältigen hat, umso mehr weiß man die Vorteile einer Verkleidung zu schätzen“ (5). Das Zurücklegen langer Strecken bei zügigem Tempo rückte für den Motorradfahrer in greifbare Nähe.

Lenker der K 75 S für mehr Bequemlichkeit

Der Autor hat seine BMW in einem serienmäßigen Zustand belassen, einzig der originale Lenker wurde (zum Zweck höhere Bequemlichkeit) gegen den Lenker der BMW K 75 S ausgetauscht. Dieser Lenker wird von der Firma WÜDOW für die R 100 RS mit einem TÜV-Teilegutachten verkauft und wird vom TÜV in die Fahrzeugpapiere eingetragen. Durch diesen Lenker wird die Sitzposition etwas aufrechter, erheblich bequemer, ohne den Wind- und Wetterschutz zu gefährden.

Einfache Wartung – hohe Zuverlässigkeit

Der Oldtimer R 100 RS hat mit mir in den letzten 10 Jahren 30.000 Kilometer bei absoluter Zuverlässigkeit zurückgelegt. Fahrten zum Großglockner, durch die Dolomiten, nach Prag und auf die Isle of Man wurden durchgeführt. Bei schneller Fahrt früh morgens auf leerer Autobahn (Reisetempo 150 km/h und schneller) genehmigt sich der betagte Boxer 7,5 Liter Super-Benzin, bei moderatem Landstraßen-Tempo etwa 5,7 Liter.

Der Vorteil des Oldtimers (im Vergleich zu modernen Motorrädern) besteht zweifelsohne in der übersichtlichen, einfachen Technik, die es erlaubt, das Motorrad selbstständig zu warten. Für die Wartung benötigt man zwei Unterdruckuhren zur regelmäßigen Synchronisierung der beiden Vergaser alle 5000 km. Ein Ölwechsel und das Einstellen des Ventilspiels sind etwa alle 7000 km nötig. Die Verkleidung kann auch in Teilen demontiert werden, so dass der Zugang zum Motor und zur Elektrik nie ein Problem darstellt. Ein Oldtimer ist immer ein Liebhaberstück, sein Besitzer muss akzeptieren, dass das Fahrverhalten, die Bremsen und die Motorleistung im Wortsinne „veraltet“ sind. Dafür wird er belohnt mit einem Fahrzeug, das aus der Masse heraussticht, heute eine Individualität darstellt. Bei „artgerechter“ Bewegung und Haltung macht diese BMW nach wie vor sehr viel Freude, sie hat einen absolut hohen Nutzwert und ist auch heute noch unter ästhetischen Gesichtspunkten ein Meilenstein in der Design-Geschichte des Motorrades.

Die Ersatzteilversorgung ist kein Problem

Die Ersatzteilversorgung stellt kein Problem dar, denn das BMW-Baukastensystem sorgt dafür, dass Teile der Schwestermodell Verwendung finden können. Eine große Fan-Gruppe des alten 2-Ventil-Boxers sorgt dafür, dass Teile reproduziert werden und dass heute hochmoderne elektronische Zündanlagen zur Verfügung stehen.

Das Modell des Autors hat den ab Baujahr 1981 weiter entwickelten Motor, mit verbesserter Motoröl-Führung, verbesserter Schaltung, und leichtgängiger Kupplung. Der Motor dreht aufgrund reduzierter Schwungmasse deutlich schneller hoch. Letzteres ist allerdings nicht nur vorteilhaft, denn der Motor vibriert spürbar stärker, in niedrigen Drehzahlen ist der „Rundlauf“ des Motors nicht so geschmeidig. Da der Autor noch eine BMW R 100 S mit dem „Rundluftfilter“ und höherer Schwungmasse besitzt, hat er den direkten Vergleich. Mir persönlich gefällt die Charakteristik des älteren Motors mit Rundluftfilter besser.

Für den Liebhaber sind folgende Adressen hinsichtlich Ersatzteile und Beratung interessant (die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit):

 

Quellennachweis

(1) MOTORRAD, Heft 18, 08.09.1976, S. 9

(2) MOTORRAD, Heft 1, 12 Januar 1977

(3) PS, Heft 9, September 1977, S. 30

(4) Hans A. Muth entwickelt die Verkleidung der R 100 RS. Quelle: Hobby, Nr. 19, 08.09.1976, S. 47

(5) MOTORRAD, Heft 10, 1965, S. 288 - 290