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Der Wind, der uns Motorradfahrern entgegenschlägt, wird zunehmend rauher, und das hat nichts mit der fortgeschrittenen Jahreszeit zu tun. Bisher gingen die Einschränkungen vor allem von Landkreisen und Gemeinden aus, wo immer wieder versucht wurde, interessante Motorradstrecken für Motorräder zu sperren. Der Bundesratsbeschluss gegen Motorradlärm aus dem Jahr 2020 ist uns ebenfalls noch in Erinnerung, auch wenn er bisher ohne Folgen blieb. Doch nun droht neues Ungemach. Diesmal aus Straßburg und Brüssel.

Kommission hat die vorgeschlagenen Verbesserungen für Motorradfahrer nicht aufgenommen

Im März 2023 legte die Europäische Kommission ihren Vorschlag für die 4. Fassung der Europäischen Führerscheinrichtlinie vor. Dieser Vorschlag war wenig spektakulär. Insbesondere sollte der Weg für einen digitalen Führerschein freigemacht werden. Dazu kamen Änderungen, die wir aus Deutschland bereits kennen, wie der Führerschein auf Probe, das totale Alkoholverbot für junge Fahrer und die Einführung des begleiteten Fahrens ab 17. Dazu Änderungen in der Fahrausbildung und eine gezieltere Prüfung der medizinischen Tauglichkeit. Forderungen des Europäischen Motorradfahrerverbandes FEMA nach Verbesserungen für Motorradfahrer, wie zum Beispiel eine einheitliche Regelung für das Fahren mit Anhängern und die Anpassung der Vorschriften für Fahrschulmotorräder an die Bedürfnisse kleiner und leichter Fahrer und Fahrerinnen, um insbesondere Frauen den Einstieg ins Motorradfahren zu erleichtern, waren nicht Gegenstand des Vorschlags. Eine einheitliche Regelung für das Fahren von Leichtkrafträdern mit Füherscheinklasse B fehlte ebenfalls.

Für das Gesetzgebungsverfahren im Europäischen Parlament ernannte der zuständige Verkehrsausschuss die Vorsitzende des Ausschusses, die Abgeordnete Karima Delli von der französischen Partei der Grünen, zur Berichterstatterin. Aufgabe der Berichterstatterin ist es, das Gesetzgebungsverfahren im Parlament zu leiten, alle Änderungsvorschläge aus dem Parlament zu sammeln und zu einer Beschlussvorlage zusammenzufassen.

Vorsitzendes des Verkehrsausschusses hatte 200 Änderungsanträge, der Ausschuss weitere 600

Im Laufe des Verfahrens zeigte sich, dass Karima Delli sehr restriktive Ansichten in Sachen Verkehrssicherheit und Individualverkehr hat. Ihr Bericht für den Verkehrsausschuss, der rund 200 Änderungsanträge umfasste, fiel entsprechend aus. Kein begleitetes Fahren mit 17 mehr, Führerschein für Leichtkrafträder erst ab 18 Jahren, strikte Geschwindigkeitsbegrenzungen für Motorradfahrer und ein Sonderführerschein für schwere Pkw waren die Kernvorschläge. Außerdem regelmäßige Überprüfung der Fahrtüchtigkeit, mit zunehmendem Lebensalter in immer kürzeren Abständen.

Aus den Reihen des Verkehrsausschusses kamen weitere knapp 600 Änderungsanträge. Der Verkehrsausschuss steht nun vor der Aufgabe, bis zum 7. Dezember eine Beschlussvorlage für das Parlament auszuarbeiten. Wenn ein Parlamentsbeschluss zustande kommt, muss sich das Parlament im Anschluss mit dem Rat der Verkehrsminister der Europäischen Union über einen endgültigen Beschluss einigen. Im Ministerrat haben die Regierungen der Mitgliedstaaten das Sagen. Wie immer bei Beschlüssen der Europäischen Union werden Beschlussvorlagen mehrmals hin- und hergehen, bis sich die beiden Institutionen, Parlament und Rat, geeinigt haben.

Zu wenig Druck von Motorradfahrern auf die EU

Wir können nur hoffen, dass sich die vielen Änderungsanträge und die von der Berichterstatterin des Europäischen Parlaments gewünschten Verschärfungen der Führerscheinrichtlinie im Laufe des weiteren Prozesses abschleifen, so dass am Ende eine vernünftige Richtlinie entsteht, die alle Beteiligten zufriedenstellt und zu mehr Sicherheit auf Europas Straßen führt. Die Erfahrung zeigt, dass die Europäische Union in aller Regel sehr gute Verordnungen und Richtlinien erlässt, die zu höheren Standards führen als die nationale Gesetzgebung. Schwierig ist in diesem Falle nur, dass die politische Vertretung der Motorradfahrer immer noch zu schwach ist. Die FEMA leistet zwar gute Arbeit, doch da Europas Motorradfahrer insgesamt wenig Lust zeigen, sich politisch zu organisieren, ist der Druck auf die Politik von Seiten der Motorradfahrer zu gering. 

BVDM sucht weitere aktive Mitstreiter für die politische Arbeit

Wir bräuchten dringend mehr und bessere Lobbyarbeit für Motorradfahrer nicht nur auf europäischer, sondern auch auf Ebene der Mitgliedstaaten. Wir vom BVDM freuen uns über jedes neue Mitglied, und wir freuen uns über jedes Mitglied, das für die Sache der Motorradfahrer in Deutschland und Europa aktiv werden möchte!

Für alle, die mehr wissen wollen, hier weiterführende Links zu Veröffentlichungen des Europäischen Motorradfahrerverbandes FEMA (Federation of European Motorcyclists Associations) in englischer Sprache und zu Veröffentlichungen deutscher Motorradzeitschriften.

Artikel der FEMA zum Vorschlag der Europäischen Kommission für die 4. Europäische Führerscheinrichtlinie vom 1. März 2023

https://www.femamotorcycling.eu/new-driving-licence-proposal/

Plädoyer der FEMA für vernünftigere Führerscheinregelungen für Motorradfahrer vom 21. April 2023

https://www.femamotorcycling.eu/realistic-motorcycle-licence/

Kritik der FEMA zum Vorschlag, strikte, abgestufte Geschwindigkeitsbegrenzungen für Motorradfahrer in Europa einzuführen, vom 13. September 2023

https://www.femamotorcycling.eu/different-speed-limits/

Artikel der FEMA zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens im Europäischen Parlament vom 12. Oktober 2023

https://www.femamotorcycling.eu/licence-proposals-under-fire/

Bericht auf der Website der Zeitschrift MOTORRAD zu vorgeschlagenen Einschränkungen für ältere Führerscheinbesitzer vom 6. März 2023

https://www.motorradonline.de/ratgeber/fuehrerschein-ab-70-fahren-nur-mit-attest/

Bericht auf der Website der Zeitschrift MOTORRAD zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens vom 22. September 2023

https://www.motorradonline.de/ratgeber/anfaenger-sollen-maximal-90-km-h-fahren-duerfen/

Bericht auf Motorcycles.news mit einer Zusammenfassung der vorgeschlagenen Änderungen vom 24. September 2023

https://motorcycles.news/zukuenftige-eu-fuehrerscheinrichtlinien-was-steckt-dahinter/