Foto: Biethan
Dreimal im Jahr treffen sich die in der FEMA organisierten europäischen Motorradfahrer-Verbände. Traditionell lädt einer der Verbände zum mittleren Treffen in sein Land ein, zum sogenannten „Spring Meeting“. 2023 hatte der norwegische Motorradfahrer Verband NMCU am 3. Juni nach Norwegen in die historische Hafenstadt Kristiansand geladen. Einer der seltenen Tagungsorte, die man auch mit dem Schiff bzw. Fähre erreichen konnte. Tagungsort war ein Raum im Rathaus der Stadt, was zeigt, dass der norwegische Verband auch gute Kontakte in die Politik hat. Wie es der Zufall wollte, fand am gleichen Tag auf dem Platz vor dem Rathaus ein Festival der Kulturen statt. Mit Bühnenprogram und Essenständen aus mindestens 40 Ländern. Es war international in Kristiansand an diesem Samstag und das Wetter spielte vorbildlich mit.
Ein Thema, das die FEMA aktuell intensiv beschäftigt ist die Frage, wie es weitergeht in 2024. Der langjährige FEMA-Generalsekretär Dolf Willigers geht eigentlich im September in Rente. Für den Vorstand der FEMA berichtet Jesper vom Auswahlprozess für die Nachfolge. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Ebenso muss die Zukunft finanziell gesichert sein. Die aktuellen Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen der Verbände decken 2023 nicht ganz die Ausgaben. Aktuell lässt sich das aus den Rücklagen der FEMA ausgleichen. Grundsätzlich muss der Haushalt aber wieder ausgeglichen sein.
Sitzungsimpressionen. Alle Fotos von WIM Taal (FEMA) und Olaf Biethan (BVDM).
Im Folgenden stellte der Vorsitzende des NMCU, Endre Kristiansen, den norwegischen Verband vor. Er wurde 1972 gegründet und hat aktuell 6.500 Mitglieder und 350 Mitgliedclubs. Davon träumen andere Verbände in der FEMA. Die NMCU arbeitet in Norwegen eng mit der Straßenverwaltung und dem Verkehrsministerium zusammen und hat mit diesen ein Handbuch für sichere Straßen und die nationale Strategie für Motorräder und Moppeds erarbeitet. Endre stellte auch fest, das Norwegen sicher eins der schönsten Länder ist, um Motorrad zu fahren.
Beim letzten Frühjahrstreffen in Dänemark wurde eine informelle Expertengruppe gebildet, die sich dem Thema Zukunft der Lobbyarbeit von und für Motorradfahrenden. Die Diskussionen wurden im Oktober 2022 in Köln und im Januar 2023 in den Niederlanden fortgesetzt. Die wichtigsten Schlussfolgerungen: Für die FEMA gibt es keinen Grund, für eine grundlegende Veränderung, sie sollte weitermachen, aber externe Faktoren sind wichtig, die im Auge behalten werden müssen. Neue Entwicklungen müssen antizipiert werden, und die FEMA muss dabei eine führende Rolle spielen. Die FEMA muss mit der FIM zusammenarbeiten, vor allem in Ländern, in denen es keine FEMA-Mitglieder gibt. Die Ergebnisse präsentierte Rolf Frieling.
Nach weiteren Tagesordnungspunkten wie den Berichten der Aktiven, Finanzen oder die nächsten Treffen, ging es in die Mittagspause. Mittlerweile war der Platz vor dem Rathaus vollgefüllt. Von der Bühne gab es ein Live-Programm und internationale Klänge.
Fixpunkt bei jedem FEMA-Meeting. Gruppenfoto in der Mittagspause.
Frisch gestärkt berichtete nach der Mittagspause Chris Hodder von der FIM über die erfolgreiche Lobbyarbeit auf dem Internationalen Transport Forum (ITF) in Leipzig. Ziel war es, Motorräder wieder ins Bewusstsein der Politik zu bringen. Motorisierte Zweiräder werden in der Politik häufig ignoriert und deren Verkehrssicherheit missachtet. Der Schwerpunkt der Aktivitäten beim ITF lag auf der Förderung der städtischen Mobilität und welchen wichtigen Beitrag Elektromotorräder dazu leisten können. Die Industrie war interessanterweise nicht sehr glücklich über diese Initiative, akzeptierte aber letztendlich die Denkweise.
Angeregt vom schwedischen Verband SMC und mit voller Unterstützung der FEMA hat eine globale Arbeitsgruppe aus 15 Experten verfügbare Informationen über eine für Motorradfahrer sichere Infrastruktur gesammelt und einen Bericht zum Thema „Sichere Straßen für Motorradfahrer“ verfasst. Während die MV Mot nur in Deutschland Gültigkeit hat, ist dies ein globaler Leitfaden, der von allen berücksichtigt werden sollte, die an der Entstehung von Straßen Infrastruktur beteiligt sind. Dolf Willigers präsentierte das Ergebnis und berichtete über die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Experten aus unterschiedlichen Institutionen. Der Bericht (in Englisch) kann auf der FEMA Webseite runtergeladen werden. https://www.femamotorcycling.eu/safer-roads-for-motorcycles/.
Generalsekretär Dolf Willigers berichtet - Vorstellung „Bikelife“ Motorrad macht auch Spaß
Norwegen ist auch ein gutes Bespiel, wie verschiedene Interessengruppen aus dem Bereich Motorrad erfolgreich zusammenarbeiten können.
Thomas Winther und Rene Holmen präsentierten „Bikelife“. Bikelife hat vor wenigen Jahren als reiner, von einigen Freunden erstellter, Podcast in Norwegen begonnen. Durch Aktivitäten wie das Testen von Motorrädern, das Abschließen von Verträgen mit Hotels für ihre Mitglieder, Track days und sogar das Brauen von Bier explodierten die Aktivitäten und Mitgliederzahlen. Bikelife und NMCU arbeiten jetzt eng zusammen, NMCU macht die politische Arbeit, Bikelife den Spaß- und das Arrangieren von Vorteilspaketen für Motorradfahrer. Die Mitgliederzahl von NMCU wächst dank dieser Zusammenarbeit.
Es folgte ein Bericht über die Zukunft von Motorrädern in Norwegen die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Es berichtete Bjorn Richard Johansen vom NMCF. Das ist das norwegische Mitglied im europäischen Motorrad Herstellerverband ACEM. Vergleichbar mit dem IVM in Deutschland.
Abschließend berichtete Dag Erlend Skaug vom NMF über die Energiewende im Motorradsport. Der NMF ist der norwegische Motorradsport-Verband in der FIM und kooperiert seit vielen Jahren erfolgreich mit dem Motorradfahrer-Verband NMCU. Ob wir in Deutschland da auch noch hinkommen mit dem DMSB? Die FIM ist jedenfalls schon seit 1984 in Umweltfragen aktiv. Fazit: Nachhaltigkeit und Motorsport sind kein Widerspruch.
Auch das ist Norwegen. Lachstreppe und Kanonenboot
Es war ein effektives und kurzweiliges FEMA-Meeting in Kristiansand. Das letzte Mal war ich vor 38 Jahren in Norwegen. Es war meine erste große Reise mit dem Motorrad. Ein wenig erschreckend war schon die komplette Überwachung des Verkehrs mit Kameras. Es gibt keine Mautstellen oder Kassen auf Parkplätzen mehr. Alles wird mit Videokameras überwacht, das Kennzeichen gescannt und die Gebühren automatisch vom Konto oder der Kreditkarte abgebucht. Ebenso ist es fast unmöglich, noch Bargeld los zu werden. Selbst ein entlegener Imbiss- oder Eisstand im Ausflugsgebiet akzeptiert nur Kartenzahlung. Was den Anteil an Elektrofahrzeugen angeht, ist Norwegen mittlerweile global führend. Allerdings ist Strom hier auch relativ günstig, ganz im Gegensatz zu Essen oder Bier. Aber das war schon vor 38 Jahren so.
Springen oder nicht, Holmenkollen bei Oslo