Schilder weisen auf den Verkehrsversuch hin.
In Österreich und Luxemburg sind Fahrbahnmarkierungen für Motorradfahrer, die dafür sorgen sollen, dass eine sichere Kurvenlinie gewählt wird, schon lange erprobt. Auch in Schottland gibt es seit vielen Jahren solche Markierungen. Sie haben sich dort bewährt. Doch für Deutschland kann ein solches System nicht einfach übernommen, das verhindern unsere Vorschriften.
Bevor etwas in den Straßenverkehr eingebracht werden kann, muss es umfassend untersucht werden. Genau das geschieht gerade in zwei Kurven auf der L 218 zwischen Hürtgenwald und Vossenack. Dort findet ein vom Bundesverkehrsministeriumgenehmigter Verkehrsversuch statt, der wissenschaftlich von RWTH Aachen ausgewertet wird. Dazu wurde das Verhalten der Motorradfahrer vor dem Installieren der ellipsenförmigen Fahrbahnmarkierungen aufgezeichnet, und danach.
Die Markierungen sollen dafür sorgen, dass Motorradfahrer in den Linkskurven außen fahren. Fotos: Lenzen
Das auf ein Jahr angelegte Projekt, am dem neben der RWTH Aachen das Landesverkehrsministerium NRW und der Kreis Düren und Straßen.NRW beteiligt sind, könnte Modellcharakter haben. Sollten die Auswertungen zeigen, dass die Unfallzahlen signifikant zurückgehen, ist es denkbar, dass die Fahrbahnmarkierungen langfristig auch auf anderen Motorradstrecken zum Einsatz kommen.
Bei der Eröffnung des Verkehrsversuches, zu der auch der BVDM eingeladen war, waren zahlreiche Vertreter der am Projekt beteiligten Partner anwesend. Das Interesse an dem Verkehrsversuch ist ebenso, wie die Erwartungen. Das machte die Ansprache von NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer deutlich: „Ich verfolge das Thema Motorradlärm und die negativen Konsequenzen eines kleineren Teils der Motorradfahrenden auch schon lange Zeit. Es ist eigentlich traurig, dass man ein solches Problem nicht mit einer Entscheidung und einer Maßnahme in den Griff bekommen kann.“
BVDM-Vorsitzender Michael Lenzen im Gespräch mit NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer.
Man brauche einen langen Atem, so der Minister. Er sprach sich ausdrücklich gegen Streckensperrungen für Motorradfahrer aus. Er äußerte die Hoffnung, dass das was man auch aus den anderen Regionen wie Bergisches Land oder Schwarzwald sehe und höre, mit dem Verkehrsversuch ein Stück weit reduziert werde. Er freue sich, dass es gelungen sei, das Bundesverkehrsministerium von dem Verkehrsversuch zu überzeugen und zeigte sich gespannt, wie der Versuch funktionieren werde. Wenn es mit solch vergleichsweise einfachen Mitteln funktionieren würde, dann könne Hürtgenwald zum Beispiel werden, wie man der Problematik ein Stück weit Herr werden könne.
Dr. Dirk Kemper, der das Projekt bei der RWTH Aachen betreut, erläuterte die Funktionsweise: „Die Markierungen sollen dazu führen, dass die Motorradfahrer bewusster, langsamer und auf einer sicheren Linie durch die Kurven fahren.“ Auch wenn die Griffigkeit der Markierungen gegenüber den normalen Markierungen erhöht sei, hoffe man, dass die Motorradfahrer die Markierungen eben nicht überfahren würden. Es sei eine innovative Analysemethode mit mehreren Wärmebildkameras gewählt worden. Sie zeichnen ausschließlich das Fahrverhalten auf. „Wir freuen uns, dass wir uns an der Konzeption der neuartigen Markierung zur Erhöhung der Sicherheit beteiligen konnten. Unsere KI-basierten Analysemethoden bieten insbesondere bei der Bewertung von neuen Infrastrukturelementen vielfältige Möglichkeiten", sagte der Leiter Verkehrstechnik am RWTH-Institut. Die Untersuchung soll Basis für die Entscheidung werden, ob diese Art der Fahrbahnmarkierung künftig auf Deutschlands Straßen eingesetzt werden kann.
Für Straßen.NRW machte Direktor Dr. Sascha Kaiser deutlich, dass der Versuch dazu dienen soll, die Unfallzahlen zu senken und den Lärm zu reduzieren. Straßen NRW habe auch den Anspruch, Fahrbahnen sicher zu machen. „Motorradfahrer haben keine Knautschzone“, so Dr. Kaiser.
Die leicht ovalen Markierungen in zwei Linkskurven (einmal bergab- und einmal -aufwärts), sollen dafür sorgen, dass Motorradfahrer diese nicht überfahren, sondern weiter rechts auf der Fahrbahn bleiben und so die Kurven nicht schieden. Damit sollen Zusammenstöße mit entgegenkommenden Fahrzeugen verhindert werden.
Gruppenbild mit allen am Verkehrsversuch auf der Panoramastraße beteiligtne Akteuren.
Laut Aussage des Kreises gab es in den vergangenen zwei Jahren auf der Panoramastraße 34 Unfälle, bei 28 davon waren Motorräder beteiligt, die Strecke gilt als Unfallhäufungsstelle.
Die Fahrbahmarkierungen beeinflussen die Kurvenfahrt tatsächlich, die meisten Motorradfahrer fahren außen an den relativ rutschfest gestalteten Markierungen vorbei. Für ortsunkundige und wenig erfahrene Motorradfahrer ist das sicher eine Hilfe und kann zu mehr Sicherheit auf gefährlichen Strecken beitragen. Diejenigen aber, die auf den Motorradstrecke für Probleme sorgen, weil sie die Straßen als private Rennstrecken missbrauchen, werden sich dadurch nicht von ihrem illegalen Treiben abhalten lassen. Dass es durch die Markierungen für Anwohner leiser wird, ist allerdings nur in geringem Maße zu erwarten. Diejenigen, die vorsätzlich Lärm verursachen, werden das auch auf den mit Markierungen ausgestatteten Strecken tun. Hier wird nur massiver Einsatz von Polizei helfen, Raser und Lärmverursacher zur Rechenschaft zu ziehen. Der Verkehrsversuch wird ganz sicher auch keine belastbaren Aussagen zum Lärm liefern können, denn in den beiden Kurven werden die allermeisten Motorradfahrer langsamer fahren. Dafür sorgt alleine schon der große Kameraturm am Straßenrand.
Der Verkehrsversuch ist richtig und wichtig, denn die in anderen Ländern schon bewährten Fahrbahnmarkierungen erhöhen die Sicherheit von Motorradfahrern. Wenn nur ein einziger Unfall durch die neue Technik verhindert wird, hat sich ihr Einsatz schon gelohnt. Es ist aber kein Allheilmittel. Die Strecken müssen insgesamt sicherer gestaltet werden, dazu zählen Unterfahrschutz, Flexpoller, Erdwälle und vieles mehr. Und das Bewusstsein der Motorradfahrer für Gefahren und das eigenen Fahrkönnen muss wieder steigen, es gibt viele Alleinunfälle, die zeigen, dass hier ein großes Handlungsbedarf besteht. Sicherheitstrainings sind ein geeignetes Mittel, das eigene Fahrkönnen zu verbessern und das Bewusstsein für die Gefahren im Straßenverkehr zu schärfen.