Der Bundesverband der Motorradfahrer (BVDM e.V.) vertritt die Interessen der Motorradfahrer auch in der Verkehrspolitik. Deshalb war der BVDM am 10.12. im Verkehrsministerium, als der zuständige Minister Volker Wissing (parteilos) die Verkehrsprognose 2040 vorstellen ließ. Im Forum vertreten waren neben den Politikern aus angrenzenden Ministerien vor allem Verbände, Journalisten und NGO-Vertreter.
Die Verkehrsprognose 2040 umfasst alle wesentlichen Mobilitätsformen: Flugverkehr, Schienenverkehr, Wasserstraßen-Nutzung (incl. Seehäfen) und Straßenverkehr. Angesprochen wird sowohl der Personenverkehr, als auch der Güterverkehr.
Die Verkehrsprognose 2040 ist eine wesentliche Grundlage für den künftigen Bundesverkehrswegeplan (1). Zudem werden die Umweltwirkungen der prognostizierten Verkehre berechnet, so dass eine Überprüfung des Erreichungsgrades der energie- und klimapolitischen Ziele möglich ist.
Eine solche Prognose beruht immer auf Prämissen und Annahmen hinsichtlich wichtiger Parameter, die Einfluss auf das Mobilitätsgeschehen haben. Die Prämissen ergeben sich sowohl aus Annahmen über das Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, über die Entwicklung von Einkommen, die Entwicklung von Kosten und Preisen. Auch politischen Willensbekundungen, etwa über Umweltthemen, Strukturentwicklung in Städten etc. spielen eine Rolle. Deshalb ist diese Verkehrsprognose 2040 immer eine Ableitung aus dem "Wissen und Wollen" der Gegenwart. Ändern sich diese Prämissen, muss die Prognose überarbeitet werden.
Im Folgenden werden wir nur die Daten vorstellen, die Relevanz für das Motorrad (2) haben.
Es ist plausibel, dass die Kraftstoff- und die Strompreise das Mobilitätsverhalten beeinflussen. Die Prognose unterstellt, dass der Benzinpreis (relativ zu 2019) bis 2040 real - bereinigt um die Inflation - um 29 Prozent steigen wird.
Wesentlicher Kostentreiber ist die politisch gewollte CO2-Abgabe, die im Jahr 2040 voraussichtlich 30 Cent ausmacht. Der Rohölpreis wird eher moderat um vier Cent (= 11 Prozent) steigen. Der Anteil der elektrisch angetriebenen Kraftfahrzeuge wird bis 2040 stetig zunehmen. Damit wird der Strompreis für die individuelle Mobilität bedeutsam. Durch den Wegfall der EEG-Umlage und die Absenkung der Stromsteuer wird prognostiziert, dass der Endverbraucher-Strompreis bis 2040 um 14 Prozent sinkt.
Die Mobilität der Bevölkerung wird um 8 Prozent zunehmen, bezogen auf die zurückgelegte Entfernung in Kilometer (Personenkilometer). Prognostiziert wird, dass der motorisierte Individualverkehr (hierzu zählt auch das Motorrad) mit gut zwei Drittel auch in 2040 das dominante Mobilitätsmittel sein wird (bezogen auf die Kilometerleistung). Auch wenn der Anteil mit minus sechs Prozent-Punkten leicht rückläufig ist. Die Bahn und der sonstige Öffentliche Personennahverkehr wachsen, ebenso wie (minimal) die Nutzung des Fahrrades.
Private Fahrten spielen eine große Rolle.
Im Mobilitätsverhalten der Bürger machen Urlaub, Einkaufen, private Fahrten 64 Prozent der Personenkilometer aus. Auf Beruf, Ausbildung und Geschäftstätigkeiten hingegen entfallen 32 Prozent.
Die Prognose geht davon aus, dass ab dem Jahr 2035 zu mehr als 95 Prozent lokal emissionsfreie Kraftfahrzeuge neu zugelassen werden, und eine technologieoffene Ablösung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor durch lokal emissionsfreie Fahrzeuge erfolgt. Diese Annahme wird vor allem gestützt durch die entsprechenden Regelungen der EU, welcher sich die Bundesregierung (bislang) angeschlossen hat.
Hinzu kommt, dass die Befragung politischer Führungskräfte ergeben hat, dass strecken-/zonenbezogene Verbote für fossil betriebene Kfz beabsichtigt sind. Die Prognose unterstellt daher, dass im Jahr 2040 in den Innenstädten der größeren Städte Nullemissionszonen eingerichtet sind, in die mit Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren nicht eingefahren werden darf. Derartiger gewollter politischer Druck soll und wird die Entscheidung der Käufer für E-Motoren forcieren.
Inwieweit hiervon das Motorrad betroffen sein wird, kann heute nicht gesagt werden. Allerdings muss unterstellt werden, dass auch im Motorrad der Verbrenner keine Zukunft hat, wenn für Pkw keine Verbrenner-Motoren mehr gebaut werden. Die Kosten für nahezu ausschließliche Motorrad-Verbrenner-Motoren würden explodieren, die Infrastruktur an Tankstellen auf heutigem Niveau wäre nicht mehr finanzierbar.
Die Emissionen des gesamten Verkehrs in Deutschland betrugen 2019 266,8 Millionen Tonnen. Auf den Straßenverkehr entfällt mit 82 Prozent der weitaus größte Anteil.
Es wird erwartet, dass die direkten CO2-Emissionen (3) bis 2040 um 77 Prozent, die gesamten CO2-Emissionen um 64 Prozent reduziert werden. Die prognostizierte Umstellung des Fahrzeugbestandes auf Elektro-Antrieb in Deutschland bis 2040 hat an der Reduzierung der CO2-Emissionen einen wesentlichen Anteil.
In Bezug auf das Motorrad wird ein deutliches Wachstum des Fahrzeugbestandes und hinsichtlich der Fahrleistung prognostiziert. Der Fahrzeugbestand erhöht sich nach der Prognose gegenüber 2019 um 37 Prozent auf 8,2 Millionen Fahrzeuge.
Die Fahrleistung (gemessen in Kilometer) erhöht sich um 27 Prozent. dabei wird prognostiziert, dass 2040 39 Prozent der Motorradkilometer mit E-Motoren zurückgelegt wird.
Das Motorrad behält seinen Platz im Individualverkehr, Ja, es wird seine Bedeutung sogar noch ausbauen. Dies ist plausibel, wenn wir bedenken, dass die Kosten und der Energieverbrauch vergleichsweise niedrig sind und der Platzbedarf im urbanen Verkehr erheblich geringer ist, als bei einem Pkw.
Weitere aktuelle Daten und Fakten zum Motorrad im Straßenverkehr finden sich in diesem Artikel:
Motorrad im Spiegel der Daten und Fakten
Anmerkungen
(1) Darüber hinaus nutzen auch die Länder, Regionen und Kommunen diese Bundes-Verkehrsprognosen als übergeordneten empirischen Rahmen für eigene Prognosen innerhalb ihrer Zuständigkeiten.
(2) Motorrad wird hier definiert wie der Begriff Kraftrad: „Krafträder“ ist ein offizieller Begriff der StVo. Er umfasst alle Zweiräder mit einem Hubraum von mehr als 50 ccm oder mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h (§ 2 Nr. 9, Fahrzeug-Zulassungsverordnung). Somit sind auch Motorroller inkludiert.
(3) Direkte Emissionen sind die Emissionen, die ein Fahrzeug unmittelbar bei Betrieb vor Ort erzeugt. Dementsprechend erzeugt ein Elektro-Fahrzeug keine direkten Emissionen am Ort des Betriebs. Die Gesamt-Emissionen enthalten auch die Emissionen, die z.B. bei der Erzeugung der Antriebsenergie anfallen. Dementsprechend erzeugt ein Elektro-Fahrzeug auch CO2, wenn es nicht ausschließlich mit "grünem", CO2-frei erzeugtem Strom betankt/ betrieben wird.