7,9 Millionen Wahlberechtigte in Niedersachsen sind am 9. Oktober aufgerufen, einen neuen Landtag für die kommenden fünf Jahre zu wählen. In Niedersachsen gibt es einen Bestand von 1.742.165 Motorradführerscheinen (präziser: Fahrerlaubnisse für Krafträder A, A2, A1). (1). Das bedeutet, Motorradfahrer stellen etwa 22 Prozent der Wahlberechtigten.

 

 

 

Die Verkehrspolitik ist sicher nur ein Aspekt neben einer Vielzahl von Politikfeldern und einer Vielzahl aktueller drängender Probleme (Energieverfügbarkeit, Inflation, Kostendruck, etc.), bei der die Bürger nach Lösungen fragen.

Auch wenn wir wissen, dass die Haltung der Politiker zu den spezifischen Themen rund um das Motorrad nicht alleine die Wahlentscheidungen beeinflusst, so hat der BVDM, als die bundesweite Interessenvertretung der Motorradfahrer, die Spitzenkandidaten der Parteien (2) nach Ihrer Haltung zu aktuellen, brisanten Themen rund um das Motorrad befragt.

Jeder Spitzenkandidat auf Landesebene (und auch auf der Ebene ausgewählter Wahlkreise) wurde persönlich angeschrieben und nach seiner persönlichen Haltung befragt. 

Denn alle Wahlberechtigten verfügen über zwei Stimmen. Mit der Erststimme wird eine einzelne Person gewählt – eine Direktkandidatin oder ein Direktkandidat aus dem Wahlkreis, in dem man wohnhaft ist. Niedersachsen ist in 87 Wahlkreise aufgeteilt, entsprechend werden 87 Sitze von insgesamt 147 Sitzen im Parlament über Direktmandate vergeben. Der persönlichen Meinung eines Politikers kommt entsprechend eine besonders hohe Bedeutung zu.

Der Fragebogen ist selbstverständlich für alle Kandidaten identisch, jeder Kandidat hatte gute vier Wochen Zeit zu antworten. Nach zwei Wochen wurden Erinnerungen versendet. Wir wollen gerne, dass Politiker eindeutig und klar Position beziehen, daher enthält der Fragebogen eine Aufforderung mit JA oder NEIN zu antworten. Erläuterungen wurden gerne gesehen.

Der Fragebogen findet sich hier:

Hier klicken: Fragen an die Spitzenkandidaten im Original

Vorweg: Nicht alle Spitzenkandidaten haben geantwortet. Auf der Ebene der Landes-Spitzen-Politiker haben der amtierende Ministerpräsident und Spitzenkandidat der SPD, Stefan Weil, sowie der Kandidat der AfD, Dr. Marzischewski-Drewes, unsere Fragen nicht beantwortet.

Es ist schade und nur schwer zu verstehen, warum einige Politiker die Chance verstreichen lassen, mit dem Bürger zu sprechen, und höflich und präzise vorgetragene Fragen nicht beantworten. Der Wähler darf sich fragen, was steckt dahinter, wenn Politiker vor der Wahl nicht „Farbe bekennen wollen“?

 

Die Landespolitik nimmt Einfluss auf Motorrad-Streckensperrungen und Fahrverbote

Streckensperrungen ausschließlich für Motorräder, Fahrverbote nur für Motorräder an Sonn-und Feiertagen sind auch Entscheidungen, die auf landespolitischer Ebene gefällt werden. Eindrucksvoll hat dies der Bundesratsbeschluss von 2020 gezeigt. Dort werden derartige Fahrverbote nur für Motorräder gefordert, die Regierung von Niedersachsen (SPD, CDU) hatte dem Beschluss zugestimmt. (3) 

Der Bundesratsbeschluss 125-20 findet sich hier (siehe Punkt 7 im Dokument)

Hier klicken: Bundesratsbeschluss 125-20 im Original

 

Die Antworten der Spitzenpolitiker

Alle Parteien, die geantwortet haben, wollen mehr Ressourcen und Personal zur Verfügung stellen, um mit Prävention und auch Sanktionen Raserei und Lärmbelästigungen im Straßenverkehr einzudämmen.

Allerdings wollen sowohl Herr Althusmann (CDU) und auch Frau Hamburg (GRÜNE) Streckensperrungen nur für Motorräder unter bestimmten Umständen in Betracht ziehen. Herr Althusmann will diesbezüglich Rechtssicherheit schaffen: (Zitat) „…Ähnlich einem Durchfahrtsverbot für Lkw auf bestimmten Straßen, wäre auch eine gezielte Sperrung für Motorräder denkbar. Die dafür heranzuziehenden Kriterien müssten politisch diskutiert und dann rechtssicher erarbeitet und umgesetzt werden. Frau Hamburg (GRÜNE) sieht Streckensperrungen als eine kostengünstige Möglichkeit, Verkehrslärm zu reduzieren (Zitat): „Auf Bundesebene muss eine Handhabe geschaffen werden, mit der sich besonders schwer betroffene Orte vor Lärm schützen können. Solange bis andere Maßnahmen spürbar Wirkung zeigen, müssen in solchen Fällen Geschwindigkeitsbegrenzungen und Streckensperrungen angeordnet werden können. Sie bringen sofort und kostengünstig Erleichterung.“ 

 

Im Gegensatz zur CDU gehen die GRÜNEN noch einen Schritt weiter. Frau Hamburg will ausdrücklich – analog dem „Tiroler-Modell“ - Fahrverbote für zulassungskonforme Motorräder mit einem Standgeräusch von mehr als (kleiner oder gleich) 95db ermöglichen. Weiterhin befürwortet sie (Zitat) „……die Typenzulassung sollte reformiert werden: In der neuen Zulassungsnorm wollen wir einen verbindlichen, maximalen Grenzwert von 80dB, der für alle Betriebszustände gilt….“

Sowohl der Spitzenkandidat der FDP (Dr. Birkner), als auch der Partei DIE LINKE (Frau Kaußen) lehnen Restriktionen für gesetzeskonforme Motorradfahrer politisch ab.

Elektromotorräder: Das Marktangebot an Fahrzeugen mit elektrischen Antrieben in Fahrzeugen, auch in Motorrädern, nimmt unaufhaltsam zu. Derzeit werden E-Autos noch finanziell subventioniert, E-Motorräder nicht. Daher haben wir die Spitzenkandidaten gefragt, ob sie eine Förderung von E-Motorrädern politisch unterstützen würden. Die FDP und die GRÜNEN lehnen dies ab.

Frau Hamburg (GRÜNE) argumentiert, dass sowohl E-Autos als auch Motorräder den Weg in den (Zitat) „Massenmarkt“ geschafft hätten, (Zitat): Bei größeren und schnelleren Motorrädern (Krafträder mit mehr als 50 Kubik Hubraum) geht die Tendenz, zugegebener Maßen noch auf niedrigem Niveau, ebenfalls in Richtung E-Mobilität, hier bedarf es aus unserer Sicht keiner staatlichen Kaufanreize und eine weitere Förderung somit nicht mehr nötig sei“.

Um Missverständnisse zu vermeiden, weisen wir an dieser Stelle daraufhin, dass im Jahr 2022 (Januar bis Juli) der Anteil der E-Motorräder bei den Motorrad-Neuzulassungen 5,9 Prozent betrug (4). Von einem hohen Anteil an E-Motorrädern wollen wir daher nicht sprechen.

Die FDP argumentiert mit einer grundsätzlichen Ablehnung von Subventionen.

Sowohl die CDU (Althusmann) als auch DIE LINKE wollen eine Förderung von E-Motorrädern politisch unterstützen. Frau Kaußen (DIE LINKE) argumentiert: „Förderung der E-Mobilität auch bei Motorrädern: Elektroautos werden finanziell gefördert. Elektromotorräder/-roller hingegen nicht. Dabei nehmen sie im Vergleich zu Pkw erheblich weniger Raum im Straßenverkehr ein und sind nicht nur im Berufsverkehr eine echte Alternative. Hinzu kommen die reduzierte Umweltbelastung und kaum vorhandene Lärmemissionen“.

Herr Althussmann (CDU) sagt (Zitat):  „Die Umstellung des Motorradverkehrs auf klimafreundliche Antriebsarten ist für uns daher ein selbstverständlicher Baustein“.

Die Antworten der Spitzenpolitiker kann man hier nachlesen: 

Hier klicken: Die Antworten der Spitzenpolitiker im Original

Die Fragen des BVDM e.V. an die Politiker geben nur ein Schlaglicht auf die derzeitige Sichtweise von Spitzenpolitikern in Niedersachsen auf die Mobilität mit Motorrädern. Liebe Leserinnen und Leser, nutzt den Wahlkampf zu Gesprächen mit den Spitzenkandidaten in Eurem Wahlkreis. Schafft so Verständnis für unsere Anliegen als Motorradfahrer und gewinnt einen persönlichen Eindruck, wie die Haltung der Kandidaten in Eurem Wahlkreis zu diesem Thema ist. Dazu könnt Ihr gerne den Fragebogen des BVDM als „Gedankenstütze“ nutzen. 

 

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Nachtrag:

Deutlich verspätet, nach Redaktionsschluss, am 13.09. 2022, erreicht uns die Rückantwort der Partei SPD-Niedersachsen. In unserer Kommunikation mit Stephan Weil (bzw. mit seinem Büro) wurde deutlich darauf hingewiesen, dass der Redaktionsschluss für Rückantworten auf unsere Fragen, der 30. August war.

Die vollständige Kommunikation mit Herrn Stephan Weil (SPD) seit dem 22. Juli 2022, kann man hier im Original nachlesen:

Hier klicken: Kommunikation mit Stephan Weil (seinem Büro) im Original

Auf die Einhaltung des Redaktionsschlusses legen wir aus Gründen der Fairness gegenüber den anderen Spitzenkandidaten sehr viel wert. Immerhin haben sich die Wettbewerber von Stephan Weil an die kommunizierte Frist gehalten.

Die Antworten, die wir hier im Überblick kommunizieren sind NICHT die Antworten von Stephan Weil. Es bleibt offen, welche Haltung und welche politischen Absichten Herr Weil hat. Das Büro von Herrn Weil schreibt uns wörtlich (Zitat): „im Anhang finden Sie als PDF- file die Antworten aus Sichtweise unserer Partei – der SPD Niedersachsen. Dieses Statement spiegelt die politische Haltung der Partei insgesamt, jedoch nicht personalisiert auf unseren Spitzenkandidaten wider“. (Zitat Ende).

 

Die Antworten der SPD- Niedersachsen im Detail und Wortlaut finden sich hier:

Hier klicken: Antworten der SPD auf die Fragen im Original

Zu unserem Bedauern müssen wir feststellen, Herr Weil (SPD) ist trotz Nachfrage nicht Willens, seine persönliche Meinung und Haltung als Spitzenkandidat und als Vertreter eines Wahlkreises, der sich zur Direkt-Wahl stellt (Erststimme des Wählers), offen zu legen.

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Anmerkungen:

(1) Quelle: KBA (Kraftfahrzeugbundesamt) https://www.kba.de/DE/Statistik/Kraftfahrer/Fahrerlaubnisse/Fahrerlaubnisbestand/2022/2022_fe_b_tabellen.html;jsessionid=B2EA8F5F487AA6FC136A4C754FBC6505.live21301?nn=3508640&fromStatistic=3508640&yearFilter=2022&fromStatistic=3508640&yearFilter=2022

 (2) Befragt wurden die Parteien, die aufgrund der Erfahrung der Vergangenheit eine realistische Chance aufzeigen, die 5%-Hürde zu überspringen.

(3) Quelle: https://www.niedersachsen.de/politik_staat/bundesrat/abstimmungsverhalten_niedersachsen_im_bundesrat/abstimmungsverhalten-niedersachsens-im-bundesrat-157696.html

(4) Quelle: Kraftfahrzeug-Bundesamt: https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Neuzulassungen/Umwelt/n_umwelt_node.html