Politik & Mobilität in Bayern

Der BVDM hat die Landtagswahlen in Bayern intensiv begleitet. Wir hatten mit Wahlprüfsteinen die Spitzenpolitiker alle Parteien persönlich angeschrieben, die eine realistische Chance hatten, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Unsere Fragen bezogen sich ausschließlich auf Themen rund um das Motorrad (1). Veröffentlicht haben wir die Antworten der Spitzenpolitiker hier: https://bvdm.de/politik-und-leistungen/wahlpruefsteine/artikel/2023-Landtagswahl-Bayern.php

Inzwischen hat sich eine neue Landesregierung gebildet. Im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern ist nachzulesen, was beim Thema Mobilität auf uns Motorradfahrer zukommt. Zunächst: Die alte Regierung ist – mit Ausnahme von teilweise neuen Ministern – auch die neue Regierung.

 

                                             Christian Bernreiter ist Staatsminister für Verkehr, Wohnen

                                             und Bau. (Bild: R. Mohr, Foto von Wahlplakat)

 

Im Parlament gibt es deutliche Macht-Verschiebungen, so ist die FDP im Landesparlament nicht mehr vertreten (2). Im Koalitionsvertrag erscheint der Begriff Motorrad nicht. Auch nicht die Worte Motorroller, Kraftrad oder Elektro-Motorrad. Das Motorrad kommt wörtlich sozusagen nicht vor. Pkw, Fahrräder Flugzeuge, der ÖPNV (öffentlicher Nahverkehr) und die Bundesbahn werden hingegen direkt angesprochen.

Allerdings gibt es eine Vielzahl von Aussagen und Anmerkungen, die sehr wohl Auswirkungen auf unsere individuelle Art der Mobilität per Motorrad haben.

Das bayerische Lebensgefühl wird betont: Freiheit statt Dirigismus

In der allgemeinen politischen „Groß-Wetter-Lage“ überbieten sich aktuell diverse politische Parteien und einige NGO mit Regelwut und Verboten. Es hagelt Überlegungen für Motorradstreckensperrungen, Tempolimits nur für Motorräder oder gar für die Einführung des Tiroler Models (2).

Einen anderen Eindruck vermitteln die einleitenden Worte in der Präambel des Koalitionsvertrages. Dort wird das „einzigartige bayerische Lebensgefühl“ betont, das (Zitat, Seite 1) „geprägt ist vom Vertrauen in den Einzelnen und einem respektvollen Miteinander aller“ (3). Weiterhin heißt es wörtlich (Zitat, Seite 1): „Unser Motto heißt: Leben und leben lassen statt Bevormunden und Verbieten“. . . „Wir setzen auf einen schlanken und schnellen Staat, in dem die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt steht. Freiheit statt Dirigismus“. Aussagen, auf die wir uns in den kommenden fünf Jahren berufen können und wollen, wenn es notwendig werden sein sollte.

Das Original des Koalitionsvertrages: Hier klicken: KOALITIONSVERTRAG BAYERN 2023

In seinem Schreiben an die Spitzenpolitiker hatte der BVDM betont (4), dass er nicht auf der Seite der „Verkehrsrowdies“ steht. Wir fordern von der Politik eine gut ausgestattete Polizei und Justiz, um die „Spreu vom Weizen“ zu trennen. Um dafür zu sorgen, dass nicht Verbote für alle Motorradfahrer als Maßnahmen geplant werden, sondern die individuelle Verfolgung und Sanktionierung derjenigen, die die Verkehrsregeln und die sozialen Spielregeln (Rücksichtnahme) missachten. Hierzu passt die Formulierung des Koalitionsvertrages (Zitat, Seite 2): „Wir setzen auf einen starken und sicheren Staat mit maximalem Schutz für die Gesellschaft bei größter Freiheit für den Einzelnen. Mit einer bestmöglich ausgestatteten Polizei und Justiz schaffen wir Sicherheit und Stabilität“. (3)

Diese Aussagen werden wir vom BVDM im „Reisegepäck“ haben, wenn wir demnächst auf Landesminister-Ebene das Gespräch suchen werden, um über die aktuellen Streckensperrungen in Bayern zu sprechen.

Die Strecke B11 zwischen Kochel am See und dem Walchensee in Richtung Süden ist an 7 Tagen in der Woche zwischen 15 und 22 Uhr für Motorradfahrer gesperrt. (Bild: R. Mohr, Google-Maps)

Motoren: Kein Verbrenner-Verbot

Das hohe Gewicht der Batterien und die zugleich sehr kurze Reichweite, sind die noch sehr stark limitierenden Faktoren für Elektro-Motorräder. Diese limitierenden Faktoren stempeln E-Motorräder zu Kurzstreckenfahrzeugen im Vorort- oder Stadt-Verkehr. Das Motorrad ist auf noch bislang nicht absehbare Zeit auf den Verbrenner-Motor angewiesen.

Gut zu hören ist dann, wenn die bayerische Koalition sagt (Zitat, Seite 76): „Ein pauschales Verbrenner-Verbot, ein allgemeines Tempolimit sowie generelle Fahrverbote lehnen wir ab. Stattdessen stehen wir für Technologieoffenheit“.

Motorradfahrer lieben ihre Fahrzeuge und pflegen diese. Daher beträgt das durchschnittliche Alter der zugelassenen Motorräder in Deutschland 19,1 Jahre. Wir Motorradfahrer sind darauf angewiesen, dass die technische Forschung dafür sorgt, dass wir unsere Motorräder auch weiterhin betreiben können. Und zwar möglichst CO2-neutral.

Der Koalitionsvertrag gibt auch hierzu eine klare Zielsetzung vor (Zitat, Seite 76): „Die Forschung zu E-Fuels am Campus Straubing wollen wir zusammen mit Fraunhofer und TU München weiter ausbauen mit dem Ziel, unsere staatliche Bestandsflotte mit E-Fuels klimaneutral zu machen.“

Bayern fordert Steuerbefreiung für E-Fuels

Die Herstellungskosten von E-Fuels werden (zunächst) hoch sein. Um E-Fuels halbwegs erschwinglich zu machen, müssen die extremen Steuern, die derzeit auf Benzin lasten runter. Bei Benzin beispielsweise liegt der Energiesteuersatz bei 65,45 Cent je Liter. Auf die Energiesteuer wird dann nochmals die Mehrwertsteuer berechnet. (5) Der Steueranteil bei den Benzinkosten liegt folglich bei etwa 53 Prozent .Die Koalitionäre sagen hierzu (Zitat, Seite 76): „Vom Bund fordern wir eine Steuerbefreiung von der Energiesteuer für nichtfossile Bestandteile bei Kraftstoffen.“

 

Gut auch für Elektro-Motorräder – Ausbau Infrastruktur

Das Angebot an Elektro-Motorrädern (inclusive E-Motorroller) nimmt dynamisch zu. Im Innerstadt-Verkehr, im Vorort und Nahverkehr sind E-Motorräder eine interessante Option, um individuell, aber CO2-arm zu fahren. Gerade, weil die Reichweite noch sehr limitiert ist, sind wir auf eine gut ausgebaute Lade-Infrastruktur angewiesen. Hierauf wird und will auch die „neue“ bayerische Landesregierung ein besonderes Augenmerk richten. Im Koalitionsvertrag ist festgeschrieben (Zitat, Seite 76): „Wir wollen das Autoland Bayern in die Zukunft führen und fordern daher bessere Rahmenbedingungen wie den Ausbau einer E-Ladeinfrastruktur“.

Die ZERO RS - Beispiel für ein attraktives Elektro.Motorrad. (Foto: R. Mohr).  Den Testbericht findet man hier: ZERO SR/S – Die elektrische Freude am Fahren (bvdm.de)

 

Straßenverkehr entlasten

Fahren im dichten Straßenverkehr, im „Stopp-and-Go“, macht für Motorradfahrer keinen Spaß, zumal es das Unfallrisiko signifikant erhöht. Gut zu lesen, dass der Straßenverkehr entlastet werden soll. Geplant sind Investitionen in Fahrradstraßen und Fahrradabstell-Anlagen, ein systematischer Ausbau des Bahn-Verkehrs und des ÖPNV. „Bayern (soll) zum modernsten Bahnland Deutschlands“ werden, sagt der Koalitionsvertrag.

Die Straße soll vom Güterverkehr signifikant entlastet werden (Zitat): „Den Güterverkehr wollen wir gezielt auf Schiene oder Wasserstraße verlagern und Güterverkehrszentren und Umschlagplätze weiter ausbauen“.

Resümee

Auch wenn das Motorrad nicht wörtlich erwähnt wird, tangieren uns die Mobilitätspläne der bayerischen Landesregierung doch, wie wir sehen. Es liegt nun an uns, die Aktivitäten zu beobachten und als Bürger und Motorradfahrer zu begleiten. Sprechen wir die Landespolitik an und mahnen, wenn nötig unter Verweis auf den Koalitionsvertrag 2023. Der BVDM wird sich engagieren, Du kannst uns unterstützen: Werde Mitglied im BVDM, wenn Du noch nicht Mitglied bist. Engagiere Dich bei uns, wir benötigen gerade in Bayern personelle Unterstützung. Dein Kontakt: Uwe Marcus, Leiter der BVDM-Geschäftsstelle, Mail: geschaeftsstelle@bvdm.de

Anmerkung:

  • (1) Mit Motorrad meinen wir alle motorisierten Zweiräder, also auch Motorroller und Kleinkrafträder und natürlich auch Gespanne.
  • (2) Der Spitzenkandidat der FDP, Martin Hagen, hatte sich nicht grundsätzlich gegen das „Tiroler Model“ ausgesprochen. Das sog. Tiroler Model sieht streckenweise Fahrverbote für legale (den Zulassungsbestimmungen entsprechende) Motorräder vor, deren Standgeräusch 95 db überschreitet. Für die FDP in Bayern wäre das Tiroler Model als „Notlösung“ eine denkbare politische Maßnahme. Hier nachzulesen: https://bvdm.de/politik-und-leistungen/wahlpruefsteine/artikel/2023-Landtagswahl-Bayern.php
  • (3) Quelle: „Freiheit und Stabilität - Für ein modernes, weltoffenes und heimatverbundenes Bayern.  KOALITIONSVERTRAG für die Legislaturperiode 2023 - 2028". Hier findet man das Original des Koalitionsvertrages: Hier klicken: KOALITIONSVERTRAG BAYERN 2023