Der entscheidende Hinweis (hier die französische Version)
Der entscheidende Hinweis (hier die französische Version)

Die Flugwachenrallye 2023 wird als die „Steinschlagrallye“ in die Geschichte eingehen.

Aber der Reihe nach…

Schweißtreibende Anfahrt

Nach einer sehr verregneten Woche hatten wir schon Bedenken, ob denn die Rallye ins Wasser fallen würde und beobachteten schon seit einiger Zeit die Wettervorhersagen. Aber die waren für das Wochenende erfreulicherweise gut.

Ich fuhr morgens kurz nach sechs noch im Nebel und bei leichtem Niesel zur Arbeit. Aber kurz vor Mittag kam pünktlich zum Feierabend die Sonne raus. Um 14:00 Uhr trafen wir - das sind Robert, der zum ersten Mal die Flugwachenrallye mitfahren wollte, Peter und ich - uns bei Paderborn, um die Fahrt durch das Sauerland in die Eifel gemeinsam anzutreten. Es wurde im Laufe des Nachmittags gefühlt immer wärmer und ich war mittlerweile klatschnass geschwitzt unter meiner Motorradkluft. Aber nicht allein die Temperatur, sondern mehr die hohe Luftfeuchtigkeit war das Problem. Wir hatten ansonsten eine sehr angenehme Fahrt mit erstaunlich wenig Verkehr. Mit ein paar kleineren Pausen kamen wir gegen 19:30 Uhr auf dem Clubgelände in der Eifel an. Es waren schon einige Vereinskollegen und natürlich die Veranstalter Claudia und Fränkie da. Die Männer bauten die Zelte auf und ich kümmerte mich schonmal um die Würstchen, die von der Fahrt noch nicht so gar waren wie ich und deshalb zum Nachschwitzen auf den Grill kamen. Es folgte ein netter Abend in lockerer Runde.

Am Tag der Rallye

Am nächsten Morgen sehe ich etwas älter aus als sonst. Man ist das Zelten eben doch nicht mehr gewöhnt. Die alten Knochen nehmen es einem schon ziemlich übel. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal im Zelt geschlafen habe, nachdem wir 2020 unser Wohnmobil bekommen haben.

Mal wieder mit dem Zelt in der Eifel

Nachdem wir uns mit leckeren Brötchen gestärkt haben, die der liebe Stefan in aller Herrgottsfrühe wieder mal aus Adenau geholt hat, geht es langsam los mit der Verteilung der Fahrtunterlagen. Mal sehen, was sich Fränkie da wieder für uns ausgedacht hat. Er ist ja sehr kreativ und hat immer wieder neue Ideen, damit wir uns nicht unterfordert fühlen. In der Zwischenzeit kommen noch einige Tagesgäste, davon zwei Neulinge, Karin und Thorsten, über deren Besuch wir uns besonders freuen. Denn auch uns fehlt bei den Oris der Nachwuchs.

Die Aufgabe der diesjährigen Rallye besteht aus 3 Teilen. Ich schaue mir die Aufgaben an. Der erste Teil ist eine Chinesenrallye, bei der die Punkte allerdings nicht alle unten sind. Das heißt aufpassen, dass man in die richtige Richtung abbiegt. Nach der im Chinesenplan eingezeichneten Kuchenkontrolle gibt es noch eine Strichskizze in einem Gewerbegebiet und für die Profis neben einer einzuhaltenden Durchschnittsgeschwindigkeit noch eine zusätzliche „Fischgräte“. Bei „Fischgräten“ befürchtet man ja immer, dass sie einem sprichwörtlich „im Halse stecken bleiben“. Ansonsten ist die Aufgabe für Touristen und Profis gleich.

Der Chinesenplan

Nach einigem Hin-und Herüberlegen und Beratung mit meinem „Chef-Orifahrer“ zeichne ich mir die Strecke der Strichskizze in die Kartenkopie ein. Man wird sehen. Vor Ort kann (und wird!) aber alles wieder ganz anders aussehen. Die Neulinge werden von den „Alten Hasen“ eingewiesen, wie die Aufgaben zu lösen sind und auch während der Fahrt unter deren Fittiche genommen. Beim ersten Mal ist das besser. So braucht kein Neuling Angst haben in der großen, wilden Eifel verloren zu gehen. OK-Schilder aufschreiben müssen sie natürlich schon selbst erledigen ohne abzuschreiben. Und hier gibt es eine Besonderheit, die sich Fränkie dieses Mal ausgedacht hat: Neben den üblichen Ortseingangs- und Ortsdurchgangsschildern sollen wir auch noch bei jedem Steinschlag-Warnschild, an dem wir vorbei kommen, ein „S“ in unsere Bordkarte eintragen. Oje, da gibt es in der Vulkaneifel bestimmt so einige. Unser Mitfahrer Robert schlägt unser Angebot, mit uns zusammen zu fahren aus und möchte lieber alleine fahren. Er hatte ja vor 3 Wochen die Touristenklasse bei der Pättgesfahrt gewonnen. So sollte und wollte er es jetzt einmal mit der Profiklasse probieren.

Rallyefahren ist Gehirn- und Wendetraining

Um 12:01 Uhr ist Start. Ich bin 12:10 Uhr dran, direkt hinter meinem „Chef-Orifahrer“. Praktisch. Dann können wir ja zusammen fahren. Nach einigen Kilometern frage ich ihn an einer Kreuzung, ob er das Steinschlagschild gesehen hat (wir haben diesmal die Sprechanlage ausgeschaltet). „Nö“ ist seine Antwort. „Na dann schreib das mal auf“, sage ich ihm. Kurz nach dem Abbiegen folgt schon wieder eins. Ob er das gesehen hat? Ich versuche immer ein paar Buchstaben im Kopf zu behalten, ohne an jedem Schild anhalten zu müssen. Ja, Rallyefahren ist vor allem auch Gehirntraining.

Der entscheidende Hinweis

Ich achte nicht auf den Schnitt. Ich achte nie auf den Schnitt. Aber mein Mann umso mehr. Er hält an, um die Zeit abzuwarten. Denn wir sind viel schneller als die 36km/h, die heute für uns als Schnitt angesagt sind. Ich fahre weiter. Ich habe nämlich keinen Bock darauf in Hektik zu geraten, wenn ich mich mal vergurke. Also mache ich mir einfach keinen Kopf um den Schnitt und fahre ganz in Ruhe weiter. Er wird mich schon wieder einholen. Jetzt bin ich erstmal auf mich allein gestellt. Im nächsten Ort sollen wir laut Chinesenplan der „Dorfstraße“ folgen. Im letzen Moment sehe ich das Straßenschild, auf dem „Dorfstraße“ steht. Es geht nämlich rechts rum und nicht geradeaus, wie ich dachte. Schwein gehabt. Ich fahre eine ganze Weile alleine. Ab und zu überholen mich Dieter und sein Schwiegersohn Dirk. Das ist beruhigend. Dann bin ich ja anscheinend noch richtig (oder die beiden genauso falsch wie ich). Und da kommt die erste besetzte Kontrolle. Ich bin sicher zu früh (10 Minuten, wird Frankie später ausrechnen), aber das ist mir egal. Bernd zeichnet meine Bordkarte ab und weiter geht’s. Auf kleinen Straßen durch die schöne, sonnige Eifel. Das macht Spaß. Dann komme ich an eine Stelle, die ich von letztem Jahr noch kenne. Eine sehr spitze, steil abfallende Abbiegung nach rechts. Ich denke schon vorher, ich biege in jedem Fall links ab und wende dann. Ich schaue auf den Chinesenplan. Ja, ich muss tatsächlich nach rechts. Also links abbiegen und die nächste Möglichkeit zum Wenden nutzen. Aber danach passt irgendwie gar nichts mehr. Ich schaue wieder auf den Chinesenplan und stelle fest, dass ich um ein Zeichen verrutscht bin. Ich hätte doch links abbiegen müssen. Wäre ja auch gleich viel einfacher gewesen. Ok, alles wieder zurück und in die andere Richtung weiter. So habe ich mal wieder das Wenden geübt. Auch dafür sind Rallyes übrigens gut geeignet.

Mord - nein: Kuchenkontrolle mit Aussicht

Es läuft ganz gut, auch alleine. Und ich komme ohne weitere Eskapaden zur Kuchenkontrolle, die auf einem Parkplatz an einer Landstraße platziert ist. Wir genießen die herrliche Aussicht auf die Vulkaneifel und Burg Ohlbrück - und natürlich den Kuchen. Oh, diesmal gibt es sogar auch noch Salami- und Käsehäppchen. 

Kalorienkontrolle

Alle sind da, nur Robert fehlt noch. Da er bislang nur Chinesenrallyes mitgefahren ist, wo der Punkt von unten kommt, hat er nicht damit gerechnet, dass es auch anders sein könnte. Da biegt man dann schnell mal in die falsche Richtung ab. Ein Anruf beim Veranstalter bringt ihn aber doch noch zur Kuchenkontrolle. Chinesenrallye fahren ist zwar eigentlich nicht schwer. Wenn man sich aber doch mal vergurkt hat, kann es sehr schwer bis unmöglich werden, wieder auf die richtige Strecke zu kommen. Und wenn man dann nicht mehr weiß, wo man eigentlich ist, hilft nur noch das Navi aus der Tasche holen um zum Start zurück zu fahren - oder ein Anruf beim Veranstalter, der einen vielleicht wieder auf Spur bringen kann. Aber macht nichts. Das ist uns allen schon passiert.

Von Wendehämmern, Bodenaffen und Fischgräten

Peter und ich fahren gemeinsam ein paar Chinesenzeichen weiter zu einem Industriegebiet im Ort „Spessart“, wo die Strichskizze startet. Hier gibt es viele Wendehämmer (oder wie heißt der Plural von Hammer?), die Fränkie auch fleißig in seine Strichskizze eingebaut hat. Irgendwie kriegen wir es hin - in der Hoffnung, dass es so richtig ist. Hier gibt es auch noch „Bodenaffen“, direkt verwandt mit der Gattung „Baumaffen“, die von uns entdeckt und notiert werden müssen. Direkt im Anschluss folgt die Fischgräte. Da mein Mann sich am Start noch länger aufhält, um zu versuchen, die Aufgabe anhand der Karte zu lösen, fahre ich schonmal alleine los. Ich denke, das geht immer besser vor Ort. Da genau definiert ist, was als Weg gilt (Schotterwege, gesperrte Straßen und Einfahrten zu Firmengeländen nämlich nicht), ist es dann doch gar nicht so schwer. Nur die Wendehämmer führen zu leichten Irritationen. Aber ich schaffe es mit der Fischgräte wieder bei Fränkies Start und Ziel anzukommen.

Die restliche Strecke der Chinesenrallye fahren Peter und ich wieder zusammen, suchen gemeinsam Steinschlagschilder, diesmal mit eingeschalteter Sprechanlage. Nass geschwitzt, aber gut gelaunt, kommen wir am Ziel auf dem Clubgelände an. 

Siegerehrung oder wissenschaftliche Studie?

Kurze Zeit, nachdem alle Teilnehmer im Ziel eingetroffen sind, hält Fränkie die Siegerehrung ab. Er erklärt uns, dass die Aufgabe mit den Steinschlagschildern eine wissenschaftliche Studie von ihm war. Mit der Frage: welche Gehirne sind flexibler? Die der jungen, ungeübten und unvoreingenommenen Fahrer, oder doch diejenigen der alten, erfahrenen Hasen, die jedoch seit vielen Jahren auf Ortsschilder gepolt sind. Die Studie ist leider zu unseren Ungunsten ausgefallen. Zu eingefahren und unflexibel seien unsere alten Gehirne, ist das Ergebnis der Studie. Ein absoluter Neuling hatte fast alle Steinschlagschilder gesehen, während uns am Ende 4 fehlten. Er kam auf Platz 1 der Touristenwertung und hatte insgesamt die wenigsten Strafpunkte von allen. Peter T. und sein Sohn Lars, mit ebenfalls einigen nicht gesehenen Steinschlagschildern, kamen auf Platz 1, mein Mann auf Platz 2 und ich auf Platz 3 aufgrund der Zeitstrafpunkte. Die Steinschlagschilder und die Zeitstrafpunkte waren also entscheidend für die Platzierung. Alles andere hatten wir richtig gemacht. Bei der nächsten Rallye gibt es dann vermutlich „Wildwechsel-Schilder“, damit unsere Gehirne nicht aus der Übung kommen. 

Siegerehrung

Robert hat einen schönen Teil der Eifel kennengelernt und ist trotz letztem Platz ganz begeistert. Es habe ihm mehr Spaß gemacht als die Pättgesfahrt, bei der er den ersten Platz belegt hat. Das nenne ich Sportsgeist. Der Spaß steht im Vordergrund. So soll es auch sein. 

Nachdem Peter T. und Lars als Preis für den ersten Platz die Erdbeermarmelade gewählt hatten (auf die mein Mann bereits ein Auge geworfen hatte), blieb ihm nur noch der Alkohol (eine Flasche Obstler) als Preis. Da Peter ja bekanntlich keinen Alkohol trinkt, spendete er diesen großzügig für die zeltenden Studienveranstalter und -teilnehmer. Ob dadurch künftige Ergebnisse dieser Studie noch beeinflusst werden? Man wird sehen…

Hochprozentiger Preis zur allgemeinen Verköstigung

Der Dank geht an Fränkie und Claudia als Veranstalter einer tollen Rallye, sowie Bernd, Ute und Friedrich-Wilhelm als treue Helfer. Es hat uns allen viel Spaß gemacht. Und auch die Neulinge wollen wiederkommen. Wir heißen sie herzlich willkommen.

 

Ergebnisse

Touristenklasse

Platz Fahrer Beifahrer Motorrad Strafpunkte
Thorsten P. BMW R1250RS 30 
Mike W. BMW R1200GS 75 
Karin D. Honda Varadero 90 
Stefan K. Honda Crosstourer 90 
Stefan W. BMW R1200RT 165 
Hans L. BMW R850R 165 
Stefan M. KTM 690 225 

Profiklasse

Platz Fahrer Beifahrer Motorrad Strafpunkte
Hans-Peter T. Lars T. Yamaha SideBike Gespann 45,4 
Peter A. BMW R1250GS 60,6 
Inge A. BMW F750GS 61,0 
Dirk S. BMW F900R 91,2 
Dieter S. Triumph Tiger 91,2 
Robert B. Suzuki Vstrom1050 520,0 

 

Bericht Flugwachenrallye 2022

Bilder von der Flugwachenrallye 2023